Zeche Hagenbeck in Essen-Altendorf

1575 - 1928


Übersicht Hagenbeck


Die Zeche Hagenbeck ist wahrscheinlich die älteste urkundlich erwähnte Zeche im Ruhrrevier. Da die Fürstäbtissinnen in Essen das Bergregal (Anspruch auf alle Bodenschätze) innehatten sind die Verleihungen (Betriebserlaubnis) gut belegt. Die Äbtissinen leiteten ein Damenstift, in dem unverheiratete Frauen des Adels klosterähnlich lebten aber weitgehende Freiheiten hatten. So waren sie wirtschaftlich abgesichert. Die Archive mit den Verträgen sind erhalten und eine wichtige Geschichtsquelle.
Die vorlaufenden Stollenbetriebe von Hagenbeck lagen überwiegend am Herbrügger Bach. Neben der Ruhrtal (und Seitentäler) und dem oberen Emschertal lag hier einer der Bereiche des frühen Bergbaus, zunächst lange eher Kohlengräberei. Im 18. Jahrhundert begann der Stollenbau. Von diesen frühen Betrieben sind keine erkennbaren Relikte vorhanden. Die Schächte der späteren Tiefbauzechen sind zum Teil an den Revisionsöfffnungen (Schachtdeckel) erkennbar.
Bis zur offiziellen Benennung auf Anweisung des Bergamts wurden mehrere Betriebe auch mit Hagenbeck bezeichnet, da sie alle (zeitweilig in loser Kooperation) dieselben Flöz abbauten. Der Betrieb lief immer nur bei Bedarf - überwiegend ruhte er. Erst die Stollenzechen arbeiteten phasenweise ganzjährig mit der Hauptaktivität im Winter.

Ab 1775 wurde erstmals der Name Hagenbeck für die ersten Betriebe geführt. Der Name bedeutet Bach in einem Waldgebüsch. So dürfte damals der Bereich am Herbrügger Bach ausgesehen haben. Um 1750 nutzten alle zu Hagenbeck gehörenden Betriebe den Hostenkämper Stollen, um ihr Grubenwasser abzuleiten. Er wurde 1775 aufgegeben, da die Kohle über der Stollensohle abgebaut war. Für die geringen Aktivitäten bis 1815 war die tiefer gelegene Hagenbecker Adit neuer Wasserlösungsstollen. Er lag unterhalb eines Mühlenteichs und wenn der Müller das Wehr öffnete wurde der Stollen geflutet. Dies führte zu einer weitgehenden Betriebseinstellung.
Ab 1815 begann der Tiefbau, allerdings nur mit Stollenschächten. Der Tiefbau i.e.S. begann 1837 nach der Konsolidation mit den angrenzenden Stollenbetrieben ab 1837. Wegen der unübersichtlichen Abbaubetriebe gab es ab etwa 1770 ständig Rechtstreitigkeiten. 1815 verfügte das Bergamt die Umbenennung von Fettlappen (nicht identisch mit der Zeche nahe der Essener Innenstadt) und Beckstadt in Hagenbeck. Beide Betriebe Fettlappen bauten Kohle im gleichnamigen Flöz ab, die eine am Mühlenbach, die andere östlich nahe der Essener Altstadt. Das damit entstandene Wirrwarr (neben weiteren) sollte die Namensvorgabe beenden.
Nach anfänglichen Wasserproblemen entwickelte sich die Zeche gut. Darauf hin deutet auch die Aufnahme der Pferdeförderung unter Tage im Jahr 1847. 1851/52 und 1854 war Ver. Hagenbeck die größte Zeche im Ruhrgebiet. Ab 1870 entstanden hohe Kosten durch Bergschäden und die nötige Modernisierung der Schächte (z.B. Ersatz des Holzausbaus durch Mauerwerk oder Ersatz der veralteten Wetteröfen durch Ventilatoren). 1897 übernahm der Mülheimer Bergwerksverein die jetzt nur Hagenbeck genannte Anlage. 1898 wurden die Felder der stillgelegten Zechen Hobeisen und Neuschölerpad übernommen. Auf dem Gelände der letzteren wurde ab 1905 eine Brikettfabrik betrieben. Nach der Stilllegung 1928 übernahm die Mühlheimer Zeche Rosenblumendelle Hagenbeck als Nebenanlage. Die Förderung ging unter Tage nach Mülheim.
Für eine Tiefbauzeche ungewöhnlich ist, dass es keine (gemeldeten) Unglücke mit Todesfällen gab.


Hagenbeck

Hagenbeck 1/2/3

Luftschacht West

Luftschacht Holsterhausen
Die Zeche Hagenbeck hatte den ersten Bahnanschluss zum weit nördlich liegenden Bahnhof in Essen-Bergeborbeck wie auch die Zeche Schölerpad. Die gleichnamige Straße verläuft teilweise auf dieser Trasse. Mit dem Bau der Rheinischen Bahn wurde er durch einen neuen Anschluss ersetzt, der Anfang des 20. Jahrhunderts durch den letzten an die Köln-Minderner Bahn ersetzt wurde. Dieses Muster bei der Schienenanbindung findet sich überall im Ruhrgebiet. Die damit verbundene Zerschneidung von Siedlungsflächen und die Behinderung einer geordneten Stadtentwicklung hat bis heute sichtbare Spuren hinterlassen. Eine positive Entwicklung ist öfter die Folgenutzung als Radweg. Grund waren die bis zur Verstaatlichung konkurrierenden privaten Bahnen, deren Trassen selten günstig zu den älteren Zechen lagen. 1869 hatte Hagenbeck daher vier Anschlussgleise, um den jeweils günstigten Versandweg zu nutzen.
Ein Luftschacht für das westliche Grubenfeld wurde im Essener Stadtteil Frohnhausen abgeteuft. Er hatte ein kleines Betriebsgelände, das heute mit Wohnungen bebaut ist. Der Schachtdeckel liegt versteckt in einer Grünanlage innerhalb der Stellflächen für PKWs.
Im Bereich der Gewerbeparks am Essener Technologiezemtrum (ETEC) lagen 17 bekannte Tagesöffnungen, die überwiegend aus der Zeit des frühen Stollenbergbaus stammen. Sie sind wegen ihren geringen Teufen und Durchmesser nicht mehr nachweisbar. Nur der Luftschacht von Hagenbeck hat Spuren hinterlassen. Er lag nah am Fernmeldeturm und ist heute mit einer Halle überbaut. Er war ab 1876 in Betrieb und liegt nicht zugänglich auf einem Firmengelände.
Hinweis zur Karte: Der Schacht Peter gehörte zu Hagenbeck, die Schächte nördlich zum ältesten Stollen der Zeche Sälzer. Südlich lagen Stollenschächte von Hoffnung. Um die Abbaurechte führten beide Zechen einen Rechtsstreit (ausführlich unter Sälzer). Die Teche Tell war 1839 in Betrieb und wird 1843 noch einmal erwähnt; (Krabbenbank s.o.)
Von den Betriebsgebäuden der Förderanlage ist wenig erhalten. Das Fördermaschinengebäude des 1971/72 verfüllten Schachts 1 wird gewerblich genutzt. Die Schachtabdeckung liegt auf einem Park- und Lagerplatz. Der 1966 verfüllte Schacht 2 liegt auf einem Speditionsgelände, das angrenzende Werkstattbauten nutzt. Es ist noch eine Mauer des Malakoffturms erkennbar. Die Schachtabdeckung des 1971/72 verfüllten Schachts 3 liegt im Grünbereich einer Tennisanlage. Das lange als Finanzamt genutzte Verwaltungsbebäude der Zeche Hagenbeck wird weiter von der Finanzverwaltung genutzt (u.a. Steuerfahndung). Hier hatte auch der Mühlheimer Bergwerksverein seine Verwaltung, zu dem Hagenbeck seit 1897 gehörte. Von den zahlreichen Tagesöffnungen im Umfeld sind keine erkennbaren Reste erhalten.
Neben der Tennisanlage hatte ein Schhuhhändler sein Zentrallager. Es wird von der DITIB zur Essener Zentralmoschee umgebaut, die schon 2013 eröffnet werden sollte. Im September 2020 war der Rohbau fertig. Der Innenausbau wird noch dauern, da mit der Präsentation des Gebetsraums (als erstes fertiggestellt) ein Spendenaufruf einherging. Die flache Kuppel mit 31,44 m Durchmesser ist größer als die der umstrittenen Kölner Moschee. Auch in Essen gibt es seit Jahren Proteste. Die Gemeinde reagiert darauf mit Transparenz und dem Verzicht auf den Muezzinruf. Dazu kommt noch eine Lärmschutzwand zu angrenzenden Wohnviertel.

Schölerpad

Auch die mit Hagenbeck verbundene Zeche Schölerpad war sehr alt. Wahrscheinlich vor der ersten Erwähnung 1678 (Belehnung durch die Borbeck'sche Gesellschaft) gab es zeitweiligen Betrieb, ab 1698 auch belegt. 1734 war der Stollen verfallen, ein neuer wurde 1749 unterhalb der Herbrügger Mühle angesetzt. Wenn der Müller seine Mühle betrieb flutete der Bach den Stollen. Dieser kam auch schnell zum Erliegen. 1792 wurde eine neuer Betriebsantrag gestellt. 1802 war der Stollen etwa 200 m lang. Rentabel war auch dieser Betrieb nicht und um 1804 kam die Stilllegung. Zur Situation passt der Plan von 1798 einen Stollen in Oberhausen von der Emscher aus anzulegen, der vom Bergamt wegen abzusehenden Ruins verboten wurde.
Ab 1816 lief der Abbau nur sporadisch. Dabei sollte wohl im Tiefbau mehr Kohle gewonnen werden, was vom Bergamt von 1816 bis 1826 verboten wurde (Überangebot). Ab 1820 gab es Versuche zur Koksherstellung in offenen Meilern, die völlig ineffizient waren. Auch sog. Backöfen brachten wohl keine Verbesserung. 1836 wurden die ersten geschlossenen Öfen im Ruhrgebiet erfolgreich betrieben. Ab 1833 begann der Tiefbau mit dem Abteufen des Schacht Flashoff. 1835 war der Schacht mit 125,5 m Teufe der tiefste im Revier. 1847 wurde mit 15176 t aus 53 Öfen die höchste Koksproduktion im Revier erreicht. Offenbar wurde die Technik ständig verbessert. 1851 erfolgte nach der Konsolidation mit Friederike, die vor 1830 einen kleinen Stollen betrieb (der notwendige Tiefbau kam nicht zu Stande), in Neuschölerpad. Der Betrieb lief bis 1875. Das Grubenfeld wurde zuerst von Sälzer & Neuack übernommen und ging 1898 an Hagenbeck. Die Förderung lag bei 40000 - 70000 t/a mit dem Maximum von 86536 t 1864. Die Zeche Hagenbeck betrieb auf der Betriebsfläche ab 1905 eine Brikettfabrik.
1859 gab es einen Grubenbrand der keine Opfer forderte, aber die Förderung unterbrach.
Die beiden Schächte meldeten sich am 19. Juni 1930 mit einem spektakulären Tagesbruch mitten auf der heutigen Heinrich-Strunk-Straße zurück, die über das abgeräumte Zechengelände führt. Ein Zehnjähriger kam dabei ums Leben, seine Leiche konnte nicht geborgen werden. Endgültig wurden die Schächte nach der erneuten Bildung von Hohlräumen zwischen 2002 und 2005 saniert. Die Schachtabdeckungen liegen in der Fahrbahn. Der Wetterschacht liegt auf dem Gelände einer Gesamtschule. Der Revisionsdeckel ist am nördlichen Rand des Schulhofs im Grünstreifen zu finden.

Hobeisen

Hobeisen
Das Grubenfeld der Zeche Hobeisen (auch Hohe Beisen genannt) wurde 1898 von Hagenbeck übernommen. Ihr Ursprung ist wahrscheinlich der Betrieb Alter Hobeisener Stolln, der schon im 17. Jahrhundert bestand und vor 1670 endete. Ab 1718 folgten etwa zehn Versuche, den Betrieb unter dem Namen Hobeisen wieder aufzunehmen. 1834 wurde mit dem Schacht Adolf (Adolph) der Übergang zum Tiefbau begonnen, da mit Stollenbau kein ausreichender Kohlevorrat aufgeschlossen wurde.
Als Ver. Hobeisen lief von 1836 bis 1841 ein unrentabler Betrieb. Selbst das Bergamt empfahl 1838 die Einstellung, um noch größere Verluste zu vermeiden. Gefördert wurden etwa 2500 bis 10000 Tonnen pro Jahr. Letzlich brachten Wasserzuflüsse den Betrieb zum Erliegen. Der tonnlägige Schacht war insgesamt 177 m tief. Die Kohle wurde mit einer Pferdebahn, die auch die südlicher gelegene Zeche Rettelstruck nutzte nach Altendorf zur dort verlaufenden Landstraße gebracht.
Zahlreiche durch Abbau ertstandene Hohlräume wurden im Bereich des Jugendzentrums Essen von Oktober 2011 bis Februar 2012 mit Betoninjektionen verfüllt, um mögliche Tagesbrüche zu verhindern. Auch im Bereich der Theodor Fliedner Schule wurde im Herbst 2011 verfüllt. Dabei musste rasterartig vorgegangen werden, da exakte Karten über den Abbau nicht vorliegen.

Übersicht Schachtdaten

Schacht Teufbeginn Betrieb Stilllegung max. Teufe (m) Kokerei/Brikettfabrik
Hagenbeck 1 1837 1840 1951 401 1896 - 1927
Hagenbeck 2 1850 1858 1965 744  
WS Frohnhausen 1875 1876 1923 46  
Beckstädter WS 1876 1876 1923    
WS Holsterhausen 1893 1893 1931 398  
Hagenbeck 3 1922 1923 1965 853  
Flashoff 1833 1835 1875 280 1836 - 1874/1905 - 1927
Bückmann 1833 1835 1874 207  
Hobeisen (Adolf) 1834 1837 1841 177 (t)  


maximale Förderung 517376 t 1927
durchschnittlich 300000 - 500000 t/a


Die Schächte 2 und 3 blieben nach Stilllegung von Rosenblumendelle zunächst offen für die Wasserhaltung zum Schutz der noch noch fördernden Anlagen in Essen.


Hagenbeck 1
Hagenbeck Gesamtansicht imm Jahr 1928
Hagenbeck 1
Schacht 1 auf einem Park-/Lagerplatz im Jahr 2012
Hagenbeck 1
Revisionsöffnung von Schacht 2
Hagenbeck 1
Erstes Fördermaschinenhaus von Schacht 1 im Jahr 2012
Hagenbeck 2
Grundriss von Schacht 2 aus dem Jahr 1857
Hagenbeck 2
Maschinenhaus Schacht 2 im Jahr 2005 mit Mauerest ...
Hagenbeck 2
... der südlichen Wand des Malakoffturms
Hagenbeck 2
Historisches Speditions- fahrzeug neben der Einfahrt
Hagenbeck Bauten
Ehemaliges Verwaltungsgebäude des MBV im Jahr 2005
Hagenbeck Bauten
Ehemaliges Verwaltungsgebäude des MBV im Jahr 2012
Hagenbeck Folgebetrieb
Spedition als Nachfolgenutzung
Hagenbeck Folgebetrieb
Spedition als Nachfolgenutzung
Hagenbeck 3
Schacht Hagenbeck 3
Hagenbeck 3
Schacht Hagenbeck 3
Luftschacht Frohnhausen
Ehemaliger Luftschacht Frohnhausen im Jahr 2013
Luftschacht Frohnhausen
Schachtdeckel im Grünbereich
Luftschacht Frohnhausen
Hinweistafel am Schacht
Hagenbeck Restgebäude
Schölerpad Förder- anlage Schachtdeckel im Straßenniveau
Schölerpad
Schachtdeckel über Schacht Bückmann
Schölerpad
Schachtdeckel über Schacht Flasshoff
Schölerpad
Schachtdeckel über Schacht Flasshoff
Schölerpad
Luftschacht Schölerpad am Rand eines Schulhofs
Schölerpad
Luftschacht Schölerpad am Rand eines Schulhofs
Schölerpad
Revisionsdeckel Luftschacht Schölerpad im Jahr 2012

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