Zeche Waltrop in Waltrop

1903 - 1978


Waltrop Übersicht


Nach dem deutsch-französischen Krieg kam es zu einer Scheinkonjunktur, die zu Bergbauaktivitäten im nördlichen Ruhrgebiet führte. 1873 gründete der Dortmunder Bankier Hermann Rheinen die Bohrgesellschaft Stempel, die insgesamt acht Felder mutete. Danach tat sich lange nichts. 1881 wurden die Felder konsolidiert und die Bohrgesellschaft in eine Bergwerksgesellschaft umgewandelt. Diese erhielt den Namen Waltrop. Wegen der hohen Investitionskosten blieb das Abteufen einer Schachtanlage aus. Erst 1903, nach dem Verkauf an die vom preußischen Staat übernommene Zechengesellschaft Hibernia begann das Abteufen.
Die Zeche lag in einem ländlichen Umfeld, das sich bis heute weitgehend erhalten hat. Sie bekam schnell die Attribute "Zeche im Grünen" oder "Familienpütt", da die Bergleute in der neben der Anlage liegenden Kolonie wohnten und oft miteinander verwandt waren. Eine andere Bezeichnung war "Polizeipütt". Da der Staat auf die von ihm verordneten Sicherheitsregeln achtete und auch kontrollierte sahen viele Bergleute darin eine Überwachung. Im Gegensatz zu den privat geführten Zechen war der Profit nicht das allererste Interesse. Der sichtbare Effekt war eine deutlich geringere Zahl von Verletzten durch Unfälle.
Durch einen Wassereinbruch ersoff die gerade in Betrieb gegangene Zeche. Den Zufluss von rund 17 m³/min konnten die auf die normalen wenigen m³/min ausgelegten Pumpen nicht bewältigen. Das Wasser stieg bis auf 173 m an. Von Februar 1909 bis Dezember 1912 fiel die Förderung aus. Während dieser Zeit produzierte die Kokerei mit zugekauften Kohlen und die Ziegelei mit Material von der Bergehalde. Die Belegschaft (1000 Bergleute) wurde bis auf 300 Mann entlassen. Die Ziegel wurden für den Ausbau der Kolonie und der zugehörigen Schule verwendet. Eine nichtstaatliche Zeche wäre sicher in Konkurs gegangen.
Ab 1913 lief der Betrieb unter Tage wieder an. Das Sümpfen fand in zwei Phasen statt. Das Wasser konnte etwa bei 400 m Teufe gehalten werden. Da alle ausprobierten Methoden keinen weiteren Erfolg brachten wurde 1911 in 364 m Teufe eine Pumpenkammer gebaut. Hier standen leistungsstarke Kreiselpumpen, die von fünf immer tiefer angesetzten Mammutpumpen im Schacht gespeist wurden. Diese Technik wurde erstmalig im Ruhrgebiet eingesetzt. Dabei wird Pressluft unter Wasser durch ein U-förmiges Rohr geführt. Das Luft-Wassergemisch ist im Steigrohr leichter und steigt schubweise auf. Das insgesamt abgepumte Wasser entspricht etwa dem Volumen des Baldeysees.
Danach ging es langsam aufwärts. Ab 1918 belieferte die Zeche die Stadt Waltrop mit Gas. Der erste Weltkrieg und die Besetzung der Zeche durch Franzosen im Jahr 1923 bremsten die Entwicklung. Bis Anfang 1924 konnte kein Gas geliefert werden, da die Kokerei stillstand. Erst nach dem Ende der Weltwirtschaftskrise besserte sich die Lage. Bis wenige Tage vor Kriegsende gab es keine Ausfälle, da fast alle Luftangriffe auf Dortmund geflogen wurden. Am 26. März 1945 kam es zu schweren Schäden, die vor allem die Dampversorgung lahm legte. 300 Bergleute saßen unter Tage fest und konnten erst in letzter Minute gerettet werden. Beinahe wäre die Zeche wieder abgesoffen. Schon im April war das Kesselhaus wieder aufgebaut. Damit konnten die Dampffördermaschinen wieder in Betrieb gehen und die Produktion neu anlaufen. Bei vielen Zechen dauerten die Reparaturen deutlich länger.
Die Förderung lag bis wenige Jahre vor der Stilllegung meist deutlich unter 1 Mio. t/a. Schon 1965 kam fast das Ende der Zeche. Nach massiven Protesten wurde die Mechanisierung im Abbau verstärkt und die Zeche lag bald über dem Schnitt der anderen Hiberniazechen. Zu Beginn der 1970er Jahre zeichnete sich die Stilllegung ab und erfolgte 1978. Einen eigenen Hafen hatte die Zeche nicht. Eine Anbindung bestand zum Stadthafen Lünen. Die Zeche konnte ab 1959 den Stumm-Hafen am Datteln-Hamm-Kanal nutzen. Damit konnte die sechs km lange Anfahrt nach Lünen entfallen.


Waltrop 1/2
Die Schachtanlage 1/2 wurde architektonisch sehr aufwändig gestaltet. Alle Gebäude sind einheitlich ausgeführt mit vielen Zierelementen und als Ensemble weitgehend erhalten. Sieben Gebäude stehen unter Denkmalschutz. Hier entwickelte sich nach der endgültigen Aufgabe der Zechenflächen ein gut angenommenes Gewerbegebiet - u.a. mit Manufaktum, einem Vertrieb von langlebigen Haushaltsgeräten aus traditioneller Fertigung und einem Hersteller von Liegefahrrädern. Daneben gibt es auch Gastronomiebetriebe, da der gesamte Bereich intensiv als Naherholungsgebiet genutzt wird. Westlich ist eine noch freie Erweiterungsfläche vorhanden. Östlich des Denkmalensembles schließt sich ein Gewerbepark mit einem Mix von Isoliertechnik, Autotuning oder Brandschadensanierung bis zum Tatoostudio reicht. Die Umsetzung des Gesamtkonzepts war ein wichtiger Bestandteil der IBA (Internationale Bauausstellung Ruhrgebiet), die die Basis für die beispielhafte Industriekultur legt. 1989 wurde das Projekt "Arbeiten im Park" von der IBA als Nr. 42 in ihr Programm aufgenommen. Ein Architektenteam begann darauf in einem Büro auf der Zeche mit den Arbeiten. 1999 war die offizielle Eröffnung des Parks, 20 Jahre nach der Stilllegung der Zeche Waltrop.
Die Förderanlagen mit den beiden Fördergerüsten, die Kohlenwäsche und die Verladeeinrichtungen sind komplett verschwunden. Als letztes wurden 1984 beide Fördergerüste gesprengt. Die Fläche zu einer Grünanlage umgestaltet worden. Darin liegen die beiden eingezäunten Schachtscheiben, die weiter nicht auffallen bis auf die Protegohaube über dem Schacht 2. Die Halde ist bis auf einen Rest abgetragen und begrünt. Sie war eher klein, da sie erst nach 1960 angelegt wurde. Durch die Mechanisierung (Bruchbau) und die überwiegend flach gelagerten Flöze wurde weniger Material für den Bergversatz benötigt. Auf der Halde befindet sich ein pyramidenartiger Aussichtspunkt aus Spurlatten. Diese sorgten für die Führung der Förderkörbe in den Schächten.
Der Abriss der nicht nutzbaren Gebäude begann 1983. Die beiden Schächte blieben noch bis 1993 für die Wasserhaltung zum Schutz der Nachbaranlage Minister Achenbach offen. Sie erhielten nach dem Abriss der Fördergerüste kleine Befahrungseinrichtungen, die nach dem Ende der Wasserhaltung ebenfalls abgerissen wurden.
Ein ungewöhnliches Relikt ist ein 45 m hoher Funkmast. Er wurde 1952 gebaut, als die zwei bisher von der Post angemieteten Telefonleitungen für die Kommunikation mit der Hiberniazentrale in Herne nicht mehr ausreichten. Ein Erdkabel wurde wegen möglicher Schäden durch Bergsenkungen oder bei Baggerarbeiten verworfen. Der Mast wurde lange von einem Waltroper Funker-Verein genutzt. Er steht am nordwestlichen Rand des Geländes. Seit 2018 dient er als Mobilfunkmast.

Waltrop 3
Der Schacht 3 lag mitten in einem intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebiet, den ehemaligen Rieselfeldern der Stadt Dortmund. Überwiegend wird hier heute Gemüse angebaut. Als reiner Luftschacht benötigte der Schacht nur wenig Fläche und fiel nicht besonders auf. Heute wird hier eine Holzkompostieranlage betrieben. Der mit einer Protegohaube versehene Schacht liegt eingezäunt umgeben von Holzstapeln und aufgehäuften Holzschnitzeln auf dem Betriebsgelände.
Bis 1992 blieb der Schacht konserviert. Er wäre von der Nachbaranlage Minister Achenbach genutzt worden, falls diese ihren Abbau in Richtung der Rieselfelder verlagert hätte. Er wurde bis zur Teufe von 675 m mit Beton mit kohäsivem Material verfüllt. Dazu wurde der Schacht mit flüssigem Stickstoff gefüllt, um ihn von Sauerstoff und Methan freizuhalten.

Rieselfelder
Nördlich von Waltop lagen die Rieselfelder der Stadt Dortmund, mit deren Anlage 1894 begonnen wurde. Danach setzte auf dem Gebiet eine intensive landwirtschaftliche Nutzung vorwiegend zum Gemüseanbau ein. Es wurde nur Abwasser der privaten Haushalte, das mechanisch vorgeklärt war eingesetzt. Mit der Einführung neuerer Abwasserentsorgungskonzepte endete die Berieselung der Flächen im April 1978. Die Stadt Dortmund verkaufte die ca. 1.000 ha große Fläche an die VEW, die später an RWE ging. Diese plante hier zunächst den Bau eines Großkraftwerks auf etwa 150 ha (Kohle oder Atom). Nach öffentlichen Protesten und aufgrund von Überkapazitäten auf dem Energiemarkt wurde Anfang der 1980er Jahre das Projekt aufgegeben.
Der Kernkraftwerksstandort wurde 1985 aufzugeben. Ganz begraben wurde ein Großnutzungskonzept nie. Ende der 1990er Jahre kam die Idee des "newPark" auf. Diese wird seit dem 17. Juli 2003 nur noch von der Stadt Datteln verfolgt, da der Waltroper Stadtrat die Umsetzung ablehnte. Inzwischen scheint das Projekt keine Chance auf Verwirklichung zu haben.
Noch heute dienen die ehemaligen Rieselfelder primär der landwirtschaftlichen und der Freizeitnutzung. Mit den angrenzenden Lippeauen stellen die Rieselfelder einen ökologisch bedeutenden Lebensraum für zahlreiche Tierarten dar. Wie groß die Fläche ist zeigt der Vergleich mit der Bebauung auf dem Waltroper Stadtgebiet. Sie erreichte 1927 etwa 20 - 30 % der Rieselfelder.

Übersicht Schachtdaten

Schacht Teufbeginn Inbetriebnahme Stilllegung max. Teufe (m) Kokerei
1 1903 1907 1979 910 1909 - 1956
2 1903 1907 1979 792  
3 1956 1958 1979 1003  


maximale Förderung 1.131974 t 1974
durchschnittlich 700000 - 800000 t/a


2019 wurde eine eine über 600 m tiefe Bohrung gesetzt, in die ein Edelstahlfilterrohr von 12,5 Zentimeter Durchmesser eingebaut wurde. Es dient der Kontrolle des Grubenwassers. Zunächst wurden Lotungen per Hand durchgeführt. In Zukunft wird eine automatisierte Sonde eingesetzt, die nur einmal jährlich gewartet werden muss und eine Vielzahl an Messdaten überträgt.

Waltrop 1/2
Zeche Waltrop im Jahr 1958
Waltrop 1/2
Förderanlage und Verladung im Jahr 1957
Waltrop 1/2
Waltrop 1/2 Schacht- bereich im Jahr 2015
Waltrop 1/2
Schacht Waltrop 1
Waltrop 1/2
Schacht Waltrop 1
Waltrop 1/2
Schacht Waltrop 2
mit Lokschuppen im Hintergrund
Waltrop 1/2
Schacht Waltrop 2 mit Protegohaube
Waltrop 1/2
Maschinenhalle 1/2 und Magazin mit Lampenstube
Waltrop 1/2
Maschinenhalle 3/4 im Anschluss
Waltrop 1/2
Dreherei/Schlosserei rechts
Waltrop 1/2
Seilscheibe mit dahinter einsehbarer Kaue
Waltrop 1/2
Maschinenhalle 1/2 und Kauengebäude
Waltrop 1/2
Zentralmaschinenhalle Seiteneingang
Waltrop 1/2
Lohnhalle links und Kaue rechts
Waltrop 1/2
Kaue und Magazin
Waltrop 1/2
Verwaltung/Lohnhalle
Waltrop 1/2
Gebäudereihe entlang der Schächte
Waltrop 1/2
Lokschuppen
Waltrop 1/2
Halde mit Plattform aus Spurlatten
Waltrop 1/2
Blick von der Halde
Waltrop 3
Betriebsgelände Schacht Waltrop 3
Waltrop 3
Protegohaube über dem Schacht Waltrop 3

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