Zeche Ewald Fortsetzung/Haard in Oer-Erkenschwick
1899 - 1978/2001
Wie der Name der Zeche schon andeutet wurde die Zeche als Ergänzung zu einer schon existierenden Anlage
geplant - von der Gewerkschaft Ewald, die in Herten eine Zeche betrieb. Sie war als Reserve gedacht, falls der Kohlenvorrat auf
der ersten Anlage nicht so ausfiel wie erhofft. Beim Abteufen der Zeche Ewald ab 1872 war die Geologie im nördlichen Ruhrgebiet nur
ansatzweise bekannt. Ab 1894 begann die Erkundung des Grubenfelds und ab 1899 begann das Abteufen. Durch die isolierte Lage im
ländlichen Umfeld kam der Ausbau nur stockend voran (1. Weltkrieg, Ruhrbesetzung). Die Weltwirtschaftskrise bedingte eine
Stilllegung von 1931 bis 1938. Nur die Kokerei am Schacht 4/5 lief weiter. Erst nach dem Krieg wurde eine dauerhafte Förderung
von über 1 Mio. Jahrestonnen erreicht. Unter Tage bestand eine Verbindung zur Zeche König Ludwig, deren Anlage 7/8 im Jahr
1965 übernommen wurde.
Während der Betriebszeit ereigneten sich wenige sehr unterschiedliche Unglücke. 1927 forderte ein
Unglück auf der Kokerei mehrer Todesopfer, 1928 starben bei einem Seilriss bei der Seilfahrt 14 Bergleute. 1942 starben bei
einer Explosion im Stickstoffwerk 15 Arbeiter und es entstand erheblicher Schaden in der angrenzenden Zechenkolonie. 1966
starben drei Bergleute bei der Entgleisung eines Förderwagens.
Ab 1979 wurde in einem Forschungsvorhaben die schienenlose Fördertechnik unter Tage bis zur Einsatzreife weiter entwickelt. Dazu
gehören Bandstrecken, Einschienenhängebahnen und Fahrzeuge, wie man sie aus dem Tagebau kennt (an die Bedingungen unter Tage
angepasst). Insgesamt lief das Projekt gut elf Jahre lang.
Die Zeche war nur für die eher ländliche Umgebung von Bedeutung, da keine für die Kernzone des Reviers typische Verzahnung mit
der Stahlindustrie bestand und auch keine direkte Bahnanbindung bestand. Die Gemeinde Oer-Erkenschwick entstand 1926 und erhielt
1953 Stadtrechte. Die Zeche war größter Arbeitgeber. Eine Fleisch- und Wurstfabrik bietet heute Arbeitsplätze, da das Umfeld
noch immer ländlich ist. Die Zechensiedlungen wuchsen sehr langsam mit den alten Dorfkernen zusammen und bilden mit Neubausiedlungen
eine typische Pendlerstadt. Mit knapp 31000 Einwohnern ist sie die kleinste im Ruhrgebiet.
1978 wurde die Zeche in Haard umbenannt. Mit der Stilllegung der Altfelder begann der Aufschluss der Reservefelder der
Nachbaranlage General Blumenthal. Der ab 1977 abgeteufte Schacht An der Haard 1 ging 1983 als Wetterschacht in Betrieb.
Gleichzeitig gab es eine Neuausrichtung zum Feld Olfen statt Haltern.
Der Hauptbetrieb war die Anlage 1/2/3. Sie war ab 1902 über eine Anschlußbahn mit dem Bahnhof Marl-Sinsen an das
Eisenbahnnetz angeschlossen. Der Schacht 2 wurde wegen Wasserzuflüssen schon bei 26 m Teufe gestundet und wurde erst 1922 fertiggestellt.
1930 wurde ein Stickstoffwerk in Betrieb genommen, um die Kokerei wirtschaftlicher zu betreiben. Hier wurden Düngemittel produziert.
Die Anlage lief mit kriegsbedingten Unterbrechungen bis 1971. Die nötige Energie lieferte das Zechenkraftwerk, das 1970 ausgegliedert
und bis 1985 von der STEAG weiterbetrieben wurde. Die Kokerei wurde 1984 stillgelegt, obwohl sie ab 1970 einen gefragten Spezialkoks
für Gießereien produzierte, der stark nachgefragt wurde. Die Fläche liegt heute zum Teil unter der Bergehalde.
Von der Anlage sind noch Verwaltungs- und Sozialgebäude erhalten, wodurch das Erscheinungsbild der Straßenfront in etwa erhalten
blieb. Von den eigentlichen Betriebsanlagen blieb der Schacht 3 mit einem deutschen Strebengerüst und der Schachthalle erhalten.
Er soll noch restauriert werden und ist nicht frei zugänglich. Das restliche Gelände ist abgeräumt und lag lange brach. Im
westlichen Teil entstand eine Wohnbebebauung als Lückenschluss, das Calluna Quartier mit 50 Einfamilien- und Doppelhäuser sowie
zehn Mehrfamilienhäuser. Der östlich angrenzende Bereich wurde gewerblich erschlossen. 2020 war das letzte freie Grundstück
vermarktet.
Von 1978 bis 1992 wurde der Betrieb unter den Namen Bergwerk Haard geführt, als das Altfeld abgeworfen, der Abbau weiter nördlich
erfolgte und der Betrieb mit der Zeche General Blumenthal fusionierte. Unter Tage wurde die Kohle zum Schacht General
Blumenthal 6 transportiert und von dort mit einem automatischen Zugbetrieb bis zum Schacht 11 in Wanne-Eickel. Hier befand sich die
Aufbereitung. Als diese voll ausgelastet war wurde ab 1986 die Spitzenförderung wieder im Schacht Ewald Fortsetzung 1 gehoben.
1999 wurden alle Schächte stilllgelegt und danach verfüllt.
Am zweiten Standort Schacht 4/5 entstand neben der Anlage, die nur für Seilfahrt und Materialförderung genutzt
wurde ein Gewerbegebiet, das sich auch heute noch weiter entwickelt. Eine Förderung fand nur von 1926 - 1931 statt. Wegen der
Weltwirtschaftskrise mußte der Gesamtbetrieb eingestellt werden. Die Kokerei war wohl so modern, dass sie mit Kohle der
Schachtanlage König Ludwig eingeschränkt weiter lief und ab 1934 über eine Seilbahn von mit Kohlen versorgt wurde. Es war
offensichtlich ein Anschluss geplant. Ab 1935 bestand eine Verbindung unter Tage und ab 1936 fand Abbau statt. Der Verbund endete mit
Wiederinbetriebnahme von Ewald Fortsetzung im Jahr 1939. Ab 1959 wurden die Kohlen im Schacht 1 gehoben und es fand nur
noch Seil- und Materialfahrt statt. Ein Gleisanschluss zum Hafen König Ludwig am Rhein-Herne-Kanal bestand ab 1960. Nach
der Stilllegung von König Ludwig wurden die Schächte 7 und 8 übernommen.
Die unmittelbare Umgebung der Schächte 4 und 5 ist heute eingezäunt und nicht zugänglich, da dort noch ein Blockheizkraftwerk
betrieben wird, das Methan aus dem Grubenfeld nutzt. Von der Anlage werden einige Gebäude weiter genutzt. Der ehemalige Zechenstandort
ist aber nicht mehr zu erkennen da sich hier schon früh das Gewebegebiet entwickelte. Die Bahntrassen sind in weiten Teilen zu
Radwegen umgebaut worden.
Um die im Nordfeld anstehenden Kohlevorräte abzubauen wurde der Schacht An der Haard 1 abgeteuft, der von vornherein
für eine spätere Renaturierung geplant wurde. Er lag im Naturschutzgebiet Haard, das zum einen eine der grünen
Lungen des Ruhrgebiets ist, zum anderen ein wichtiger Regenwasserspeicher. Hier wird das Trinkwasser für das nördliche Revier
gewonnen. Die Haard ist ein Relikt der Eiszeit, im Prinzip ein riesiger Sandberg (Sander), der das Regenwasser speichert, filtert
und langsam an die Lippe abgibt. Ein geplanter Schacht Haard 2 wurde daher auch nicht mehr abgeteuft. Heute ist das Betriebsgelände
abgeräumt und wird wieder begrünt.
Dasselbe gilt für den Schacht Emscher Lippe 6, der ab 1972 übernommen wurde. Genutzt wurde er zunächst nicht und abgedeckt. Erst
1990 nach dem Beschluss den Abbau in das Feld Olfen zu verlagern wurde eine Anbindung unter Tage geschaffen. Er wurde 2001 verfüllt.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
EF 1 |
1899 |
1902 |
2001 |
950 |
1911 - 1984 |
EF 2 |
1899/1919 |
1924 |
2001 |
950 |
|
EF 3 |
1902 |
1903 |
2001 |
1100 |
|
EF 4 (Ruschen) |
1913 |
1919 |
2001 |
950 |
1918 - 1945 (?) |
EF 5 |
1925 |
1929 |
2001 |
950 |
|
König Ludwig 7 |
|
ab 1965 |
2001 |
800 |
|
König Ludwig 8 |
|
ab 1965 |
2001 |
620 |
|
Emscher Lippe 6 |
|
ab 1972 |
2001 |
1283 |
|
An der Haard 1 |
1977 |
1983 |
1999 |
1115 |
|
max. Förderung 1.476822 t 1974, als Bergwerk Haard 1.566107 t 1990
durchschnittlich 1,2 - 1,4 Mio t/a
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- Verwaltungsgebäude am Schacht 2
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- Schacht 2 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 1/2/3 um 1980
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- Schacht 2 um 1980, dahinter Schacht 1
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- Schacht 3 um 1980, dahinter Schacht 1
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- Schacht 3 um 1980
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- Schacht 3 um 1980
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- Schacht 3 um 1980
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- Schacht 3 2013
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 4/5 mit Blockheizkraftwerk
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- Schacht 4/5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht 5 um 1980
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- Schacht Haard in der Konservierunsphase
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- Turmförderanlage Schacht Haard
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- Turmförderanlage Schacht Haard
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- Schacht Haard kurz vor dem Abriss
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- Schacht Haard kurz vor dem Abriss
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- Schacht Haard kurz vor dem Abriss
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- Schacht Haard kurz vor dem Abriss
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- Abbruchphase am Schacht Haard
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- Abbruchphase am Schacht Haard
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- Abbruchphase am Schacht Haard
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- Abbruchphase am Schacht Haard
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- Abbruchphase am Schacht Haard
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- Dieser Blick auf den Schacht ist Vergangenheit
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- Schacht Haltern 1/2 im Jahr 2013
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- Schacht Haltern 1/2 im Jahr 2013
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- Schacht Haltern 1/2 im Jahr 2013
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- Schacht Haltern 1 im Jahr 2016
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- Schacht Haltern 1 im Jahr 2016
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- Schacht Haltern 1 mit Protegohaube im Jahr 2021
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- Schacht Haltern 1 mit Protegohaube im Jahr 2021
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