Die Berechtsame Humboldt wurde schon 1862 verliehen. Damals fehlten die technischen
Voraussetzungen für das Schachtteufen in dem am linken Niederrhein anstehenden stark wasserführenden Deckgebirge. Erst mit dem
Einsatz von Tübbings und dem hier angewendeten Gefrierverfahren
wurden erste Schächte abgeteuft. Das erklärt den späten Beginn der Teufarbeiten im Jahr 1906. Es entstand aber eine einheitlich
gestaltete Anlage, die sich bis zum Ende nur wenig veränderte. Die Zeche liegt am nordwestlichen Ende des Bereichs, in dem
Steinkohle abgebaut wurde. Von größeren Unglücken blieb die Zeche verschont. 1952 kamen acht Bergleute bei einem Strebbruch
um.
Die Kosten für die Zechenanlage waren sehr hoch, z. B. war der Bau einer Zechenbahn zum Rhein und die Anlage eines Hafens für
den Kohleabasatz unbedingt notwendig. Intern hatte man beim Eigentümer des Grubenfelds (Krupp) daher Zweifel, ob die Zeche
letztlich rentabel wäre. So suchte man Käufer. Intesessenten waren Chemiebetriebe unter der Führung der BASF und der Bayrische
Staat, die sich wieder zurückzogen. 1906 kaufte ein französische Gruppe, die sich aus Betrieben der Stahlindustrie und Banken
zusammensetzte die Zeche. Frankreich war auf Importkohle angewiesen. Die eigene Förderung reichte nicht aus. Im 1. Weltkrieg
kam es 1917 zur Enteignung und Zwangsverwaltung, die 1921 aufgehoben wurde. 1924 übernahm das Familienunternehmen de Wendel die
Zeche, das schon ab 1913 unauffällig darauf hin arbeitete. Auch im 2. Weltkrieg stand die Zeche unter Zwangsverwaltung. 1970
endete das französiche Engagement mit der Eingliederung von Friedrich Heinrich in die RAG.
1993 begann der Konzentrationsprozess bei den Zechen am linken Niederrhein. Der Restabbau des aufgelösten Verbundbergwerks
Rheinland wurde übernommen. Ab 2002 wurde die stillgelegte Zeche Niederberg angegliedert ohne größere Aktivtäten
im dazu gehörenden Grubenfeld. Der Gesamtbetrieb lief bis zum Ende als Bergwerk West. Es war das drittletzte im Ruhrgebiet.
Der Name geht auf Friedrich Heinrich von Diergardt zurück. Er war der Sohn von Friedrich Diergardt, einem Seidenfabrikant aus
Moers. Der Vater mutete auch die Zeche Diergardt in Duisburg-Rheinhausen. Bei der Teilung der riesigen Berechtsame 1874
vererbte er seinen Anteil dem einzigen Sohn.
Da das Umfeld ländlich geprägt war, entstanden große Zechensiedlungen. Ohne diese wäre es nicht möglich gewesen die erforderliche
Anzahl von Bergleuten anzuwerben. Die Belegschaft stieg bis 1920 auf über 4000 Personen an. In den 1950er Jahren waren es mehr
als doppelt so viel. So wurde die Zeche zur Keimzelle der heutigen Stadt Kamp-Lintfort. Die heute zur Stadt gehörenden Gemeinden
hatten 1906 nur knapp 4000 Einwohner. Die östlich der Anlage 1/2 liegende Altsiedlung ist mit 76 ha die größte zusammenhängende
Bergbausiedlung im gesamten Ruhrgebiet.
Mit der Stilllegung wuden nicht sofort alle Mitarbeiter arbeitslos. Einige Hundert konnten noch die Zeche "ausrauben", d.h. alle
verwertbaren Materialien und Maschinen nach über Tage bringen. Dazu kamen Vorruhestand und bis Ende 2018 Verlegungen auf
die beiden letzten Zechen Prosper und Auguste-Victoria. Nach der positiven Bewerbung für die Landesgartenschau 2020
für die Umgestaltung des Zechenareals startete diese coronabedingt verspätet am 5. Mai. Informationen zur Schau sind auf Site
Laga 2020 zu finden.
Schacht | Teufbeginn | Inbetriebnahme | Stilllegung | max. Teufe (m) | Kokerei |
1 | 1907 | 1912 | 2012 | 642 | 1913 - 1978 |
2 | 1907 | 1912 | 2012 | 959 | |
3 | 1929 | 1931 | 2012 | 1023 | |
4 | 1943/1957 | 1960 | 2012 | 648 | |
Rossenray 1 | ab 1993 | 2012 | 1035 | ||
Rossenray 2 | ab 1993 | 2012 | 890 | ||
Rheinpreußen 8 | ab 2002 | 2012 | 650 |
maximale Förderung Friedrich Heinrich 2.592892 t 1986
durchschnittlich 1,7 - 2,2 Mio. t/a
maximale Förderung Friedrich Heinrich/Rheinland 4.174394 t 1993
durchschnittlich 3 Mio. t/a
maximale Förderung Bergwerk West 3.715431 2005
durchschnittlich 3,5 Mio. t/a
1993 enstand ein Verbund von Friedrich Heinrich und Rheinland. Die ehemaligen Schächt von Rheinpreußen wurden noch bis 1998 weiter betrieben und danach verfüllt (Pattberg 1/2) bzw. 1994 an die die Zeche Walsum abgegeben(Rheinpreußen 8 und 9). 2002 kam die Zusammenfassung aller Restbetriebe am linken Niederrhein zum Bergwerk West. Die Zeche Niederberg wurde nur formal übernommen. Eine Eingliederung in den Betrieb oder Restkohlenabbau fand nicht statt. Der Schacht Rheinpreußen 8 kam wieder zurück zu Friedrich Heinrich.
Einige Eindrücke von einer Sonderfahrt mit einem historischen Schienenbus beim Tag der Offenen Tür 2012. Die Fahrt endete auf dem Zechenbahnhof im Bereich der früheren Aufbereitungsanlagen.
Im Jahr 2020 war die Landesgartenschau auf dem sanierten Zechenareal wegen Corona etwas später und mit einigen
Einschränkungen gestartet. Es gab zwei bergbaubezogene Sonderbereiche. Einer gehörte zu einer von Steinmetzen initiierten Schau
modern gestalteter Gräber mit dem Mottto „Grabbepflanzung und Grabmale“. Dabei gab es auch den direkten Bezug zum Bergbau.
Eine Installation des Künstlers Rainer Bonk mit blau gefärbten Erdmännchen (Bezug zum Blaumann als typische Arbeitskleidung über
Tage) zeigte das Prinzip eines Stollenbergwerks. Das Ganze war betitelt mit Blaumännchen Pütt.