Zeche Minister Achenbach in Lünen-Brambauer
1897 - 1992
Die Schachtanlage Minister Achenbach war für den Lünener Stadtteil Brambauer prägend, da sich hier um die
Hauptschachtanlage die heute bestehende Siedlungsstruktur bildete. Die Nebenschächte waren wegen der geringeren Betriebsflächen
nicht so bestimmend für das auch heute noch ländliche Umfeld.
Der Name der Zeche leitet sich von dem bei der Gründung amtierenden preußischen Handelsminister Achenbach ab. Das Grubenfeld
war relativ groß und ziemlich schnell wurden mehrere Nebenschächte abgeteuft. Die größte Ausdehnung erreichte das Feld
mit rund 13 Kilometer im Streichen und etwa vier Kilometer
querschlägig. Dadurch liefen drei große Störungen durch das Grubenfeld.
Dierekt südlich von Schacht 1/2 war es der Quintussprung mit etwa 500 m Versatz, zwischen Schacht 3 und 4 der Achenbacher Sprung
mit etwa 280 m Versatz und zwischen Schacht 4 und 5 ein nur hier auftretender mit etwa 200 m Versatz. Dazu kamen mehrere kleine
mit 10 - 50 m Versatz. Daraus resultierten neben getrennten Baufeldern mit unterschiedlichen Kohlensorten auch starke Methanausgasungen,
die zu vielen Unglücken führten. Die Schächte liegen alle in der geologischen Großstruktur Essener Mulde und zeichnen deren
Verlauf von SW nach NO nach.
Mit dem Bau des Rhein-Herne-Kanals erhielt die Zeche auch einen Hafen. Er wurde 1899/1900 gebaut, ging aber erst 1912 in Betrieb.
Ein weiterer Hafen entstand am Datteln-Hamm-Kanal für die Schachtanlage 4. Da ein durch Bergsenkungen versumpftes Areal für die
Landwirtschaft nicht mehr nutzbar war verband man die nötige Sanierung mit dem Hafenbau (1955 - 1957). Ab 1958 lief der Betrieb.
Es bestand eine Gleisanbindung von Schacht 1/2 zum Zechenhafen und weiter zum Bahnhof in Dortmund-Mengede und eine vom Schacht 4
zum Bahnhof Lünen-Süd. Nach der Stilllegung der Nachbarzeche Victor-Ickern 1973 wurde das Ostfeld mit den Schächten Ickern 3 und 4
von Minister Achenbach übernommen. Der Plan des Verbundbergwerks zeigt deutlich die o.a. Störungen.
Wie schon angedeutet ereigneten sich mehrere Schlagwetterexplosionen mit vielen Todesopfern (1912 48, 1914 24, 1917 17, 1947 neun
und 1968 17 Bergleute). Dazu kamen 1923 ein Grubenbrand (drei Tote), 1938 Seilfahrtunglück trotz Verbots (fünf Tote) und weitere
Unglücksfälle (vier Tote), ebenso 1943 (zwölf Tote). Diese meist nicht weiter aufgelisteten Unfälle (z.B. bei Huske) forderten
auch danach Todesopfer (1954 und 1956 zwölf, 1957 drei, 1958 neun). Zuletzt starben 1983 drei Schachthauer bei einem Förderkorbabsturz
in einem Blindschacht.
Die Zentralschachtanlage 1/2 befand sich in Lünen-Brambauer, das auch heute noch von den Zechenkolonien
geprägt (teils sehr sorgfältig saniert) ist. Mitten durch den Stadtteil verlief die Seilbahn zum Schacht 4. Ein großer Teil
der Trasse ist heute ein Verbindungsweg für Fußgänger und Radfahrer. Nördlich der Schächte 1 und 2 ist das Fundament eines
Kühlturms erhalten.
Nach der Stilllegung wurden bis auf das erst 1976 eingerichtete Gesundheitshaus 1993 alle Betriebsgebäude gesprengt oder abgerissen.
Die beiden Schächte wurden ein Jahr davor verfüllt. Beide haben Protegohauben. Hier wurde seit dem Jahr 2000 am Schacht 2 das
Methan aus dem Grubenfeld abgesaugt und ein Blockheizkraftwerk betrieben. Das Prinzip der Anlage erläuterte eine Informationstafel.
Zwischen 2005 und 2009 endete die Absaugung.
Die Kokerei wurde schon 1971 stillgelegt. Mit der Aufbereitung der Zechenfläche für ein Gewerbegebiet wurden kontaminierte
Böden aufgehaldet und versiegelt. Das Gewerbegebiet weist noch Freiflächen auf. Die ehemalige Halde wurde begrünt und mit
einem Wegenetz erschlossen. Der Stadtteil Brambauer liegt noch immer isoliert von der Innenstadt Lünen und ist nicht nur durch
die Stadtbahnanbindung eher auf Dortmund ausgerichtet.
Die ursprünglich für 1995 geplante Stilllegung kam schon 1992. Die schwierigen geologischen Verhältnisse unter Tage und die damit
höheren Kosten trugen sicher dazu bei.
Der Schacht 3 hatte zeitweise eine Gleisanbindung zur Anlage 1/2, obwohl er nur als Wetterschacht diente.
Zusammen mit Schacht 4 bildete er eine eigene Betriebseinheit, die ab 1930 nach dem langjährigen Betriebsleiter der Zeche
"Carl-Haarmann-Schächte" genannt wurde. Am Schacht 3 sind einige Restgebäude gewerblich genutzt, der Schachtbereich präsentiert
sich als Grünfläche.
Der Schacht 4 ging durch Geldmangel und die Ruhrbesetzung nach dem 1. Weltkrieg nur mit Schwierigkeiten
in Betrieb. Die Tagesanlagen waren erst um 1928 fertiggestellt. Hier sollten auch viele Bergleute der im selben Jahr stillgelegten Zeche
Hermann in Selm übernommen werden. Erst nach der Weltwirtschaftkrise lief der Betrieb wie ursprünglich geplant. Als sich ab
1958 die Kohlenkrise immer stärker auswirkte geriet die Zeche
Minister Achenbach in Schwierigkeiten. 1966 gab es 10 - 14
"Feierschichten" mit starken Lohneinbußen für die Bergleute. Die Förderung im Schacht 4 wurde 1968 eingestellt. Der Abbaubetrieb
begann 1971 erneut, da die Dortmunder Zeche
Gneisenau schloss und die Restvorräte von
Minister Achenbach abgebaut wurden.
Die Kohle kam seit im 1967 modernisierten Schacht 2 zu Tage.
Die am Schacht 4 erhaltenen Werkstatt- und Maschinenhallen beherbergen heute das Technologiezentrum LünTec. Dessen Wahrzeichen
ist das 1995 zum "Colani-Ei" umgestaltete Fördergerüst. Die Gesamtkonzeption stammt vom Designer Colani, das im Rahmen der IBA
Emscherpark umgesetzt wurde und heute Bestandteil der Route der Industriekultur ist. Das geplante Forschungsinstitut für die
Textilindustrie blieb ein Wunsch. Es haben sich einige Dienstleistungsbetriebe (u.a. Berater Existenzgründung, Weiterbildung)
angesiedelt. Zur Website
LünTec hier klicken.
Bis 2024 war im "Colani-Ei" nur die Nutzung durch Büros erlaubt. Nach dem Wegfall dieser Bindung sind Alternativen möglich.
Angedacht ist etwa ein Angebot des Lünener Standesamts zu Trauungen.
Es bestand ein Gleisanschluss zum Bahnhof Lünen und bis zum Zusammenschluss unter Tage ab 1924 eine Seilbahnverbindung
zur Anlage 1/2. Ab 1927 wurde sie nicht mehr für den Kohletransport genutzt, blieb aber bis 1968 in Betrieb.
Der Schacht 5 in Lünen-Alstedde hatte als reiner Wetterschacht keine großen Betriebsgebäude und ist nur noch an
seiner Protegohaube in dem nach der Stilllegung entstandenen Gewerbegebiet zu erkennen. Ursprünglich sollte hier eine Doppelschachtanlage
mit Kokerei entstehen. Die angetroffene Gasflammkohle war aber nicht für die Verkokung geeeignet. Damit war die Planung hinfällig.
Der Schacht war der erste, der im Deckgebirge die Kreideformation Cenoman durchteufte. Diese ist sehr zerklüftet und wasserführend.
Mehrere andere Abteufvorhaben waren vorher gescheitert. Die hohe Methanwerte der Gasflammkohle dürften die zwei Protegohauben auf dem
Schachtkopf erklären. Dazu kommt eine Lotungsstelle der Zentralen Wassserhaltung, die die Höhe des Standwassers im Schacht
überwacht - eine von aktuell 34. Im April 1994 lag lag das Standwasser bei -708 m und stieg bis heute auf -394 m an.
Der Schacht 6 war eine Besonderheit. Die am Schacht 5 erschlossene Kohle war nur für Kraftwerke geeignet. So
kam der Plan zum Bau einer reinen Förderanlage ohne weitere Betriebsanlagen auf. Die Kohle wurde ohne Aufbereitung automatisiert
(Skipförderung) gehoben und direkt an das angrenzende Kraftwerk geliefert. Dazu bildeten die Schächte 5 und 6 eine Betriebseinheit.
Der Schacht 6 war der erste neue Förderschacht im Ruhrgebiet nach dem 2. Weltkrieg. Aus Platzgründen war er als Turmförderanlage
ausgeführt und durch seine Lage nahe der am Kraftwerk vorbei führenden Straße eine eindrucksvolle Landmarke. Ab 1962 wurde er
Friedrich-Müller Schacht genannt. So konnte der vom Bergamt geforderte zusätzliche Luftschacht für die Schächte 4 und 5 gleich
zwei Funktionen erfüllen. Die drei Schächte wurden 1990 verfüllt, als der Abbau im Ostfeld wegen der abzusehenden Stillegung
eingestellt wurde.
Am Schacht 7, der als Wetterschacht abgeteuft wurde sind noch einige Restgebäude erhalten. Es bestand nur
eine kleine Befahrungseinheit. Über dem Schacht steht eine Protegohaube. Etwas südlich davon lag der Zechenhafen und die inzwischen
abgebaute Anschlussbahn. Ab 1962 ging der Schacht in Betrieb. Nach 1983 wurde er noch tiefer geteuft, um das übernommenen Baufeld
stillgelegten Zeche Ickern mit Frischwetter zu versorgen. Der Abbau wurde hier schon 1988 beendet.
Die hier gelegene Groppenbruchhalde war ursprünglich als Abraumfläche für den länger geplanten Betrieb der Zeche Minister Achenbach
neu angelegt worden, wurde dann aber nicht mehr voll genutzt.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1897 |
1900 |
1992 |
999 |
1902 - 1971 |
2 |
1899 |
1903 |
1992 |
999 |
|
3 |
1909 |
1914 |
1968 |
648 |
|
4 |
1919 |
1924 |
1989 |
1012 |
|
5 |
1942 |
1954 |
1989 |
801 |
|
6 |
1957 |
1961 |
1977 |
835 |
|
7 |
1960 |
1962 |
1992 |
990 |
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Ickern 3 |
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ab 1973 |
1992 |
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Ickern 4 |
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ab 1973 |
1990 |
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maximale Förderung 1982 2.745029 t
durchschnittlich 1,7 Mio. t/a; nach Übernahme Baufeld Ickern 2,2 -2,7 Mio. t/a
1979 kam der Schacht 3 der stillgelegten Zeche Waltrop für einen weiter östlich geplanten Abbau zu
Minister Achenbach. Er wurde auf Grund des sich abzeichnenden Ausstiegs aus der Steinkohle nicht mehr realisiert und
auch keine Verbindung unter Tage hergestellt. 1987 wurden daher auch die Schächte 3, 4, 5 und 6 vorzeitig aufgegeben und anschließend
verfüllt.
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- Schacht 1/2 in den 1940er Jahren
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- Schacht 1/2 im Jahr 1958
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- Schacht 1/2 aus der Luft im Jahr 1977
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- Schacht 1/2 im Jahr 1978
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- Schacht 1/2 im Abriss
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- Schacht 1 im Jahr 2006
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- Schacht 1 im Jahr 2006
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- Schacht 1 im Jahr 2006
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- Schacht 2 im Aufriss
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- Schacht 2 in den 1990er Jahren
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- Schacht 2 im Jahr 1998
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- Schacht 2 im Jahr 2006
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- Schacht 2 im Jahr 2006 mit Blockheizkraftwerk
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- Schacht 2 im Jahr 2006 mit Infotafel
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- Infotafel zum Blockheizkraftwerk
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- Schacht 3 1978
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- Schacht 3 Restbauten im Jahr 2006
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- Standort Schacht 3 im Jahr 2006
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- Schacht 4 im Aufriss
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- Schacht 4 im Jahr 1958
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- Schacht 4 im Jahr 1978
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- Schacht 4 im Jahr 1978
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- Schacht 4 in den 1990er Jahren
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- Schacht 4 bei der Montage des Colani-Eis im Jahr1975
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- Schacht 4 mit Lüntec
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- Schacht 4 Panorama im Jahr 2008
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- Schacht 4 mit "Colani-Ei" im Jahr 2008
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- "Colani-Ei" auf dem Fördererüst im Jahr 2008
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- Schacht 5 im Jahr 2012
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- Schacht 5 mit zwei Protegohauben und Lotungspegel
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- Schacht 6 in den 1990er Jahren
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- Kraftwerk Kellermann im Jahr 2006
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- Standort von Schacht 6
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- Schacht 7 2006 mit noch vorhandenem Betriebsgebäude
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- Schacht 7 im Jahr 2009
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- Schacht 7 mit Protegohaube und Nachfüllrohr
zur Auswahl