Zeche Heinrich Robert in Hamm- Herringen
1901 - 2010
Lange Zeit hieß die Zeche de Wendel. Dies hängt unmittelbar mit der Herkunft der Geldgeber zusammen, einer
Großindustriellenfamilie aus Lothringen, die sich seit dem frühen 18. Jahrhundert in der Stahlindustrie engagierte. Sie betrieben
fast drei Jahrhunderte die Stahlwerke in Hayange, die heute zu Arcelor gehören. Ihre Position in Europa verdeutlicht die Erzeugung
von Rohstahl im Jahr 1900 - 670000 t. Damit waren die Ruhrkonzerne deutlich abgehängt: z.B. Gutehoffnungshütte 370548 t 1901/02,
Bochumer Verein 206267 t und Hoesch 200881 t.
Die Namensgeber waren Henri (Heinrich) und Robert de Wendel, nach denen die Schächte 1 und 2 benannt wurden. Die Grubenfelder hatte
der Zechenpionier Heinrich Grimberg schon 1874 gemutet und 1900 verkauft. Die anstehende Fettkohle fehlte im Saarland und sollte die
dort betriebenen Hüttenwerke versorgen. Der im Saarland erzeugte Koks hatte eine geringere Qualität. Ähnlich war es bei den Nachbarzechen,
die andere Konzerne versorgten - Sachsen (Sachsen/Sachsen-Anhalt) und Westfalen (Aachener Revier). 1937 erfolgte die
Umbenennung in Heinrich Robert. 1978 wurde das Feld der stillgelegten Zeche Werne angeschlossen, um die wirtschaftlich
gewinnbaren Restvorräte abzubauen. 1988 entstand nach Eingliederung der Restfelder der stillgelegten Nachbaranlagen das Bergwerk Ost.
Es wickelte den kontrollierten Rückbau der Betriebsanlagen ab und von den 14 übernommenen Schächten blieben nur drei langfristig
weiter genutzt. Sie dienten vor allem der Wassserhaltung wie Schacht Haus Aden 2. Der Gesamtbetrieb endete 2010. Der Kohleabbau fand
überwiegend im eigenen Grubenfeld statt, das offensichtlich einen sehr großen Kohlevorrat hatte.
Während des 1. und 2. Weltkriegs stand die Zeche unter deutscher Zwangsverwaltung und ging danach an die Eigentümern zurück. Sie entwickelte
sich deutlich besser als die Nachbaranlagen (wohl wegen des sicheren Absatzes von Kohle und Koks). Auch hier kam es zu Unglücken
durch den hohen Methananteil in der Kohle, aber etwas später als auf den Nachbarzechen. 1926 starben bei einer Schlagwetterexplosion
elf Bergleute. Trotz des Abteufens der nötigen Wetterschächte gab es bei einer weiteren Explosion 1927 vier Tote, bei der letzten
1951 noch einmal 17. Damit verlief der Betrieb insgesamt relativ sicher.
Die Zeche mit ihren Kolonien war wesentlich bei der Entwicklung der ehemaligen Dörfer im Südwesten der Stadt Hamm zu den heutigen
Vororten beteiligt. Durch die überwiegend im Gartenstadtstil erbauten Siedlungen wirkt das Umfeld eher ländlich (wie der angrenzende
Bereich). Die begrünten Halden sind zwar Fremdkörper, stören aber kaum durch jahtzehntelange Gewöhnung und die Modellierung zu
Landschaftsbauwerken.
Die Schächte 1 und 2 wurden ab 1901 abgeteuft. 1906 begann der Abbau und 1909 wurde die Kokerei in Betrieb
genommen. Gleichzeitig erhielt die Zeche einen Bahnanschluss. Über diesen begann sofort der Transport von Koks und Kohle nach
Lothringen. Ab 1925 konnte auch der Werkshafen am Datteln-Hamm-Kanal genutzt werden.
Beim Abteufen von Schacht Robert (Heinrich war schon fertig gestellt) geriet das hölzeren Abteufgerüst in Brand. Danch wurde
die Schachtmauerungzwölf Meter hoch gezogen und die Seilscheiben neu montiert. Die aktuelle Teufe war damals 650 m. Bis 1908
wurden die vorgehenen 870 erreicht. 1914 wurde das mit Schacht Heinrich identische Fördergerüst errichtet.
1955 wurde das Strebengerüst der Wetterschachts Robert zum markanten Hammerkopfgerüst umgebaut. Danach wurde die Förderung
von Gestell- (Förderwagen auf mehreren Ebenen im Korb) auf Skipförderung (Großbehälter mit automatischer Beschickung/Leerung)
umgestellt. 1968 wurde eine zweite Skipförderung im Schacht eingebaut. [Im Ruhrgebiet war diese Doppelskipförderung meines
Wissens einmalig.] Hier wurde der größte Teil der Gesamtförderung gehoben. Dem entsprechend waren die Tagesanlagen in der
überwiegend flachen Umgebung recht auffällig und zusätzlich ein kompaktes Ensemble.
Ende 2013 standen noch beide Fördergerüste und die meisten Zechengebäude. 2017 begann der Abriss der nicht weiter nutzbaren
Gebäude. Es sollte ab dem Jahr 2020 das "CreativRevier Heinrich Robert" entstehen, ein Mix aus Wohn-, Gewerbe- und Freizeitbereichen.
Wie üblich verzögert sich die Realisierung um einige Jahre. Der
Rahmenplan
steht als PDF hier bereit. Auf
CreativRevier
präsentiert der Moderator Andreas "Der Obel" Obering in kurzen Videoclips Aktuelles und Historisches zum Zechenareal.
Der dringend benötigte Wetterschacht Franz wurde ab 1923 abgeteuft. Trotz des Durchschlags mit der Anlage 1/2
kam es zu einer Schlagwetterexplosion. Ab 1928 wurde hier auch Kohle gefördert. Von 1932 bis 1937 ruhte die Förderung wegen der
Auswirkungen der Weltwirtschaftskrise. Bis 1969 lief der Förderbetrieb. Diese übernahm der Hauptförderschacht Robert. 1994 wurde
der Schacht stillgelegt, im folgenden Jahr teilweise weiter genutzt (nur Seilfahrt). 2003 wurde er gesprengt und die Betriebsfläche
abgeräumt. Damit verlor der Stadtteil Herringen eine Landmarke. Die Anlage wirkte besonders kompakt, da alle Funktionen in einem
großen Gebäude untergebracht waren, das vom Schachtgerüst überragt wurde. Der Schacht mit einer Protegohaube liegt auf der zum Park
umgestalteten Betriebsfläche. Der ganze Bereich ist Bestandteil des Lippeparks. Dieser Grünzug soll bis zum Gelände von Schacht 1/2
verlängert werden. Der Schacht wurde benannt nach Francois (Franz) de Wendel.
Als zweiter Wetterschacht wurde der Schacht Humbert ab 1930 abgeteuft. Er bildete eine Werkseinheit mit dem
Schacht Franz. Von Anfang an war ein sehr leistungsstarker Ventilator schon während des Abteufens in Betrieb. Das Abteufgerüst
wurde 1938 durch ein Strenegerüst ersetzt. Es wurde gleichzeitig eine Befahrungsmöglichkeit mit einen kleinen Förderkorb
eingebaut. Die komplette Fertigstellung der Fördermaschine dauerte bis 1951. Der Schacht wurde schon 2001 stillgelegt. Die
Fläche wurde bei Erweiterung der direkt angrenzenden Zechenhalde überkippt.
Daher befindet sich in der Böschung die Protegohaube des Schachts, die mögliche unkontrollierte Methanausgasungen verhindert.
Auch hier war ein Familienmitglied Namenspate - Humbert de Wendel.
Die Übernahme von Restfeldern der Nachbaranlagen bewirkte einen stärkeren Abbau im Westfeld von Heinrich Robert.
Dazu wurde ein weiterer Luftschacht nötig. 1978 begann das Abteufen des Schachts Sandbochum, der die Wetterführung für den
Stillstandsbereich Werne verbesserte. Damit konnte 1980 der Schacht Werne 4 wegfallen und verfüllt werden. Als die Zeche Werne
1981 schloss wurden viele Bergleute von Heinrich Robert übernommen.
Der Schacht Lerche wurde als Wetterschacht und Hauptmaterialschacht betrieben. Daher wurde wegen der gestiegenen
Anforderungen das Fördergerüst vom Schacht Romberg der Zeche Haus Aden im Jahr 2000 demontiert und hierher versetzt. Da der Abbau inzwischen in Tiefen von
etwa 1200 m umging mussten die Frischwetter vorgekühlt werden, damit die Temperatur vor Ort von ca. 60 °C auf tolerierte 29 °C
absank. Dies stellte die damals größte zentrale Wetterkühlanlage Europas sicher.
Das markante Gerüst blieb erhalten und wird wegen seiner Form "Golfschläger" genannt. Das Besondere dieses Gerüsts ist der Antrieb,
der in die üblicherweise passive Treibscheibe integriert war. Ende 2002 war der Umzug beendet und die Betriebaufnahme.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 (Heinrich) |
1901 |
1906 |
2010 |
1184 |
1909 - 1987 |
2 (Robert) |
1901 |
1908 |
2010 |
1038 |
|
3 (Franz) |
1923 |
1928 |
2003 |
1037 |
|
4 (Humbert) |
1927 |
1930 |
2001 |
1037 |
|
Sandbochum |
1978 |
1981 |
2010 |
1221 |
|
Werne 3 |
|
ab 1975 |
2000 |
|
|
Werne 4 |
|
ab 1975 |
1980 |
|
|
Lerche |
|
ab 1978 |
2010 |
1404 |
|
Haus Aden 1 |
|
ab 1998 |
2000 |
|
|
Haus Aden 2 |
|
ab 1998 |
2010 |
|
|
Haus Aden 6 (Langern) |
|
ab 1998 |
1999 |
|
|
Haus Aden 7 (Romberg) |
|
ab 1998 |
1999 |
|
|
Victoria 1 |
|
ab 1998 |
1998 |
|
|
Victoria 2 |
|
ab 1998 |
1998 |
|
|
Kurl 3 |
|
ab 1998 |
1998 |
|
|
Grimberg 2 |
|
ab 1998 |
2010 |
|
|
Grillo 1 |
|
ab 1998 |
2010 |
|
|
Grillo 4 |
|
ab 1998 |
1998 |
|
|
Werne 3 |
|
ab 1975 |
2000 |
|
|
Werne 4 |
|
ab 1975 |
1980 |
|
|
maximale Förderung 3.396601 t 1985, als Bergwerk Ost 3.593000 t 1998
durchschnittlich 1,5 - 3 Mio. t/a, als Bergwerk Ost 1,8 - 2,5 Mio. t/a
Die 1998 übernommenen Baufelder waren weitestens ausgebeutet. Es wurden noch die letzten Reste abgebaut
und alle nicht benötigten Schächte verfüllt. Die weiter genutzten dienten nur der Wasserhaltung und Bewetterung. Ab 1981
bestand eine gemeinsame Werksdirektion mit der stillgelegten Zeche Königsborn. Der dabei übernommene Schacht 4 wurde
nicht weiter genutzt, blieb aber zunächst offen. Er ist als Denkmal erhalten.
-
- Heinrich Robert beim Abteufen
-
- Heinrich Robert im Jahr 1910
-
- Heinrich Robert im Jahr 1935
-
- Schacht Robert im Jahr 1955
-
- Heinrich Robert um das Jahr 1958
-
- Ländlich gelegene Anlage Heinrich Robert im Jahr 2016
-
- Heinrich Robert (noch komplett) im Jahr 2016
-
- Heinrich Robert Zechenzufahrt im Jahr 2016
-
- Heinrich Robert andere Perspektive im Jahr 2016
-
- Heinrich Robert im Jahr 2020
-
- Heinrich Robert Zechenzufahrt im Jahr 2020
-
- Heinrich Robert vor Teilabriss im Jahr 2020
-
- Heinrich Robert Schacht 1 im Jahr 2020
-
- Heinrich Robert Schacht 1 im Jahr 2020
-
- Heinrich Robert Schacht 2 im Jahr 2020
-
- Schacht Franz im Jahr 1926
-
- Schacht Franz im Jahr 1930
-
- Schacht Franz Anfang der 1950er Jahre
-
- Schacht Franz Ende der 1950er Jahre
-
- Schacht Franz um 1980 aus der Luft
-
- Schachtpark mit Schacht Franz im Jahr 2016
-
- Schacht Franz mit gestalteter Schachtscheibe
-
- Protegohaube Schacht Franz
-
- Schacht Humbert im Jahr 1940
-
- Schacht Humbert im Jahr 1958
-
- Schacht Humbert unter der Bergehalde
-
- Protegohaube von Schacht Humbert
-
- Protegohaube von Schacht Humbert
-
- Schacht Lerche im ländlichem Umfeld
-
- Schacht Lerche im Detail
-
- Schacht Sandbochum
zur Auswahl