Grubenfelder



Um Kohle abzubauen musste zuerst nachgewiesen werden, dass am vorgesehenen Standort auch Kohle vorhanden war. Dazu reichte ein flacher Graben ("Schurf"), der ein Flöz anschnitt ("Fundpunkt"). Darum wurde ein Qudarat ("Vierung") gelegt, die Fundgrube. Dieses Vorgehen war südlich der Ruhr, wo die Flöze an der Tagesoberfläche ausstreichen üblich. Das Verfahren wird als Mutung bezeichnet und betraf unterschiedlich große Flächen um die Mutungstelle herum. Auch bei der Anlage von Erbstollen, die nur Wasser abführen sollten, kam es zu Mutungen, wenn Flöze angetroffen wurden. Weiter nördlich, wo immer mächtigeres Deckgebirge über der Kohle liegt geschahen Mutungen mit Hilfe von Bohrungen. Wenn die Mutung angenommen wurde folgte daraus die Berechtsame, d.h. die Erlaubnis im Bereich der Mutung Kohle zu gewinnen. Die einzelnen Mutungen wurden zu größeren Flächen zusammengelegt (konsolidiert), den Grubenfeldern. Ihre Grenzen werden als Markscheide bezeichnet. Im Beispiel sind die Mutungen wie oft nach Gemarkungen (hier Nette und Deusen) benannt. Es wurden alle möglichen Bezeichnungen gewählt wie Adelige, Politiker, Heilige oder Ländernamen. Die Mutungen sollten leicht unterscheidbar sein, denn sie gingen im Laufe der Zeit in die Tausende. So wurden sie wie hier auch nur durchnummeriert. Bei der Konsolidation erhielt die Zeche üblicherweise einen neuen Namen. Die Mutungsnamen blieben oft als Bezeichnung der Grubenfelder in Gebrauch und wurden seltener als Zechenname übernommen.
Abweichend von diesem üblichen Verfahren gab es noch 1980 eine Mutung durch das Auffahren eines Querschlags auf der Zeche Fürst Leopold in einer Teufe von -912 m NN. Hier war ein kleiner Bereich bergfrei, d.h. noch nicht erbohrt worden und somit nicht gemutet. Das zuständige Bergamt Gelsenkirchen führte die für die Mutung nötige "Fundpunktbesichtigung" durch.


Das benötigte Kapital für die Betriebsanlagen wurde über Anteilsscheine gesammelt. Diese werden seit ca. 1500 als Kux bezeichnet. Sie wurden von den Anteilseignern ("Gewerken") erworben. Diese bildeten die (bergrechtliche) Gewerkschaft, die eine völlig andere Bedeutung hatte als heute. Im Gegensatz zu Aktionären mussten Gewerke bei Kapitalmangel Geld zuschießen ("Zubuße"). Als die Gewerkschaften nach und nach in Aktiengesellschaften überführt wurden konnten Kuxscheine in Aktien getauscht werden, wie das nebenstehende Beispiel zeigt. Kuxe wurden ähnlich wie Aktien gehandelt, waren auch zeitweilig Spekulationsobjekte. Seit 1985 existieren Kuxe in Deutschland nicht mehr.
Traditionell wurden 128 Kuxscheine ausgegeben. Diese wurden je nach der Kapitalmenge unterteilt, damit auch Anteile von nicht finanzstarken Personen erworben werden konnten. Die Stückelung führte aber zu teilweise abenteuerlichen Anteilen, so daß in Preußen ab 1861 100 oder 1000 nicht teilbare Kuxe ausgegeben wurden. Davor gab es z.B. bei den Gewerken der Zeche Heinrich in Überruhr 1843 Beteiligungen von 6 + 19/39 oder 8 + 569920/655551 - nicht besonders übersichtlich.


Im Gegensatz zu den oben dargestellten Feldern waren die ersten noch als Längenfeld verliehen worden. Diese gehen auf den Erzbergbau zurück. Die Erzgänge waren meistens steil einfallend und der Abbau blieb in mäßiger Ausdehnung. Dafür reichte es eine Länge zu vermessen, da die Lagerstätte den Abbau vorgab. Das Prinzip wurde auf den Steinkohlebergbau übertragen. Bei den frühen Stollenbetrieben strichen die Flöze über Tage aus und der Abbau dehnte sich nicht sehr weit aus. Die Fundgrube hatte in Erzbergbau eine Seitenlänge von ca. 14,6 m und bestimmte die "Breite" des Feldes. Dieses Quadrat wurde kleine Vierung genannt. Im Steinkohlebergbau erreichte sie je nach dem Territorium bis knapp 90 m Seitenlänge. Neben weiteren Kennzeichnungen war die "ewige Teufe" wichtig. Da schon früh die Muldenstruktur der Kohlenlagerstätte bekannt war wurde das Umknicken des Fundflözes zur Begrenzung des Längenfeldes in der Tiefe.
Dieses Konstrukt erwies sich in der Praxis als problematisch. Bei größeren Feldern und beim Übergang zum Tiefbau kam es zu Streitigkeiten. Ab 1821 konnte in Preussen eine große Vierung mit 1046 m Kantenlänge vermessen werden. Da jetzt größere Flözgruppen betroffen waren blieb die Regelung der ewigen Teufe unklar. Nur das Fundflöz wurde eingemessen und von hier aus die anderen Flöze horizontal angehängt. Bei Verflachungen wurden die begleitenden Flöze teiweise abgeschnitten, statt wie bisher bei der lotrecht weiter projezierten Vierung mit gleichem Abstand. Ab 1865 durften nur noch Geviertfelder verliehen werden. Das nebenstehende Schema dazu beschreibt das Problem, ist allerdings nur schwer zu durchschauen [ich habe nichts Einfacheres gefunden].
Inzwischen hatte der Tiefbau unter der Mergelüberdeckung eingestzt. Er war kapitalintensiv und nur große Felder konnten eine wirtschaftliche Ausbeute erbringen. Die alten Längsfelder blieben weiter bestehen. Deren Zusammenlegung sollte 1937 gesetzlich geregelt werden. Das Gesetz scheiterte sofort und erst 1954 wurden die Längenfelder abgeschafft. Zu diesem Zeitpunkt war der Bergbau in diesen Feldern schon zum größten Teil erloschen.
Ein schon früh auftretendes Problem waren Längenfelder, die übereinander lagen. Wenn der tiefere Betrieb schneller abbaute wurden die höher liegenden Strecken durch Senkungen gestört oder gingen zu Bruch. Hinter Störungen war das vermeinlich wieder gefundene Fundflöz oft ein anderes. Dass Störungen meistens einen Versatz der Flöze bedingen wurde erst später erkannt. Das Flöz konnte im ungünstigsten Fall Fundflöz einer Nachbarzeche sein. Viele Prozesse zwischen benachbarten Stollenzechen waren die Folge.