Zeche Mathias Stinnes in Essen-Karnap
1857 - 1972
Die Zeche wurde ab 1857 unter dem Namen der damaligen Landgemeinde Carnap abgeteuft. 1859 endeten die
Arbeiten wegen Kapitalmangel bei einer Teufe von 114 m und der Schacht soff ab. 1864 wurde die Gewerkschaft Matthias Stinnes
gegründet, die ab 1869 den Schacht sümpfte und weiterteufte. Der Investor
benannte die Zeche nach dem Firmengründer. Dies war bei den selbstbewussten Unternehmern damals üblich, die auch meistens
ein Montanimperium aufbauten (wie Thyssen, Grillo oder Haniel). Der Betrieb entwickelte sich den üblichen Anlaufproblemen gut
und die Zeche wurde zu einer der Großanlagen im mittleren Ruhrgebiet.
Eine ungewöhnliche Chance den Betrieb durch eine Neuansiedlung profitabler zu machen wurde ab 1923 genutzt. In direkter Nähe zur
Schachtanlage 1/2/5 entstanden Glaswerke Ruhr. Hier konnte überschüssiges Koksofengas zur FeuerungderGlaswannen eingesetzt werden.
Nach dem 2. Weltkrieg arbeiteten nach dem Wiederaufbau hier Glasbläser aus dem Riesengebirge, die vorher in Hirschberg weltweit
nachgefragtes Kristall- und Bleiglas herstellten. Sie arbeiteten neben der industriellen Produktion in der überlieferten
handwerklichen Tradition als Glasbläser.
Die Zeche übernahm 1931 die Nachbarzeche Welheim in Bottrop. Diese blieb als Nebenanlage bis 1965 in Betrieb (danach Seil- und
Materialfahrt). Auch das Kraftwerk und die Kohlechemiebetriebe liefen weiter. Auch das Baufeld von Rheinbaben 3/4 kam nach der
Stilllegung 1968 zu Mathias Stinnes. Nach dem Ende der Zeche im Jahr 1972 kam es ab 1989 noch einmal zu weiteren Aktivitäten.
Der Schacht 5 wurde für die Wasserhaltung reaktiviert. Ab 1981 wurden Restvorräte von der Zeche Nordstern abgebaut.
Während der aktiven Betriebszeit ereigneten sich relativ wenige größere Unfälle. 1915 starben beim Zubruchgehen eines Füllorts
vier Bergleute und bei einem Seilfahrtunglück 1925 elf. Beim Bruch einer
Schüttelrutsche vier im Jahr 1932, ein Jahr später neun bei einer
Schlagwetterexplosion.
Das Abteufen der ersten Schächte war mit den damals schwer zu handhabenden Wasserzuflüssen verbunden. Beim
Schacht 1 dauerte es elf Jahre bis zur ersten Förderung von Kohle. Die späteren Schächte machte weniger Probleme. Nach der Aufnahme
der Förderung 1872 kamen Sicherheitsauflagen des Bergamts. Ein zweiter Schacht als Rettungsweg wurde verbindlich und wie bei vielen
anderen Anlagenkam es 1886 zum Durchschlag mit der Zeche Nordstern, die dasselbe Problem hatte. Nach den Scheinkonjunktur durch
den deutsch/französichen Krieg fehlte das Kapital für eigene Schächte. Erst 1894 begann das Teufen von Schacht 2. Mit der sich
langsam erholenden Konjunktur begann der Ausbau der Zeche, die jetzt auch eine Kokerei baute. Der Essener Stadtteil Karnap wuchs
gleichzeitig durch den Bau einer großen Zechenkolonie, die bis heute erhalten ist und zu den "Schmuckstücken" gehört. Problematisch
sind allerdings die Bergsenkungen durch den Kohleabbau. Hier liegt die Emscher heute mehrere Meter über Niveau.
Der Schacht 5 wurde als Hauptförderschacht 1922 abgeteuft (später übernahm er auch die Kohle dir Anlage 3/4. Dazu wurde ab zur
Turmförderanlage umgebaut und ging 1953 neu in Betrieb. Mit 73 m Höhe in Stahlfachwerk ausgeführt war er bis zum Abriss die Landmarke
in Essen-Karnap. Bei der Inbetriebnahme hatte er die weltweit stärkste Fördermaschine mit einer Leistung von 10000 kW. Reaktiviert
wurde der Schacht noch einmal für die Wasserhaltung, als ab 1989 die Restkohlen im Bereich Essen-Nord, Bottrop und Gladbeck von
Nordstern aus abgebaut wurden. Zur Zentralwasserhaltung auf Zollverein 12 wurde eine 4,3 km lange Verbindung aufgefahren, durch die
seit 1999 das Grubenwasser dorthin abfließt. 1910 war in Bottrop-Boy mit dem Abteufen eines ersten Schacht 5 begonnen worden, der
später aufgegeben wurde. Er wurde wohl durch die Anlage der Zeche Welheim überflüssig.
Nach der Stillegung wurde die Waschkaue noch längere Zeit gewerblich genutzt, danach wie alle restlichen Gebäude etwa um das Jahr 2005
abgerissen. Danach entstand hier ein Nahversorgungsbereich im Bereich der Schächte 1 und 2 mit Discountermärkten und Gewerbebetrieben.
Über dem Schacht 1 steht eine Protegohaube, ebenso beim Schacht 5. Der Schacht 2 ist am Rohrstutzen der Nachfüllöffnung erkennbar.
Eine weitere Protegohaube steht am Rand eines Parkplatzes. Hier dürfte es sich um eine Gasdrainage handeln.
Die Anlage 3/4 war prägte den Gladbecker Stadtteil Brauck. Dort wurden nach dem 2. Weltkrieg viele neue
Wohnungen für Bergleute gebaut. Es enstand u.a. die Siedlung Rosenhügel. Ab 1905 war Mathias Stinnes 3/4 das zweites Standbein der
Zeche. Von hier erfolgte die Anbindung des Betriebs der Zeche Welheim ab 1931 und die Übernahme der örderung ab 1965 unter Tage.
1967 wurde der Schacht 5 Zentralförderschacht und damit endete der eigenständige Betrieb. Gleichzeitig wurde die Kokerei
stillgelegt. Zwar wurden noch die Schächte Rheinbaben 3/4 zur Bewetterung des Grubenfelds angeschlossen, aber das Auslaufen der
Gesamtanlage der Gesamtanlage war schon abzusehen.
Heute sind noch die Gebäude der nach der Stillegung betriebenen Zentralen Werkstätten der RAG erhalten. Diese und den größten Teil
der Betriebsfläche nutzt die Klingenburg GmbH. Der Familenbetrieb begann 1979 mit nur vier Mitarbeitern in der Waschkaue
mit der Herstellung von Wärmetauschern und hat hier ihren Hauptstandort mit ca. 240 Mitarbeitern (weitere Standorte in Polen, China
und den USA). Diese Entwicklung verlief ohne die oft medienwirksame Aufhübschung von Zechenbrachen zu Gewerbeparks oder
Gründerzentren. Nach den Auslaufen der Fördermittel war dann "Schicht am Schacht" wie bei LünTec (Minister Achenbach 4), dem
Technologiezentrum Oberhausen HDO (Zeche Osterfeld) oder dem Inkubator (Zeche Hugo). Auf dem Firmengelände liegen auch die nicht
frei zugänglichen Schächte. Über dem Schacht 3 steht eine Protegohaube.
Die Schachtanlage (benannt nach dem Bottroper Stadtteil) war von Anfang an mit Mathias Stinnes verbunden.
Das Grubenfeld wurde ab 1862 verliehen und erweitert. 1902 wurde es in Ver. Welheim und Arenberg Fortsetzung geteilt. 1910
begann das Abteufen von Schacht 1 und die Ausrichtung des Grubenfelds von Mathias Stinnes 1/2 aus. Die Förderung gebann 1914.
Eine Kokerei wurde nur kurzzeitig betrieben (1915 - 1919). Trotzdem befand sich hier später ein Standort der Kohlechemie.
Bei einem Grubenbrand starben 1922 sieben Bergleute und 1927 bei verbotener Seilfahrt weitere sechs. Die Kohleförderung lag
500000 - 750000 t jährlich, maximal 935547 t 1929. 1931 wurde der Betrieb von Mathias Stinnes übernommen.
Heute nutzten den Großteil der Betriebsfläche eine Filiale einer Möbelhauskette und ein Baumarkt. Randlich enstand Wohnbebauung.
Auf dem Parkplatz sind die beiden Schächte an den Protegohauben erkennbar. Sonst weist nichts auf die frühere Nutzung hin.
Die sanierte Zechenkolonie Welheim gilt als ein Musterbeispiel für anspruchsvolles Bauen und ist Teil der Route der Industriekultur.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1857/1871 |
1872 |
1972 |
1009 |
1897 - 1930/1938 - 1959 |
2 |
1894 |
1897 |
1972 |
1009 |
|
3 |
1902 |
1905 |
1972 |
1008 |
1910 - 1967 |
4 |
1902 |
1905 |
1972 |
1008 |
|
5 |
1922 |
1924 |
1972 |
1009 |
bis 1999 Wasserhaltung |
Welheim 1 |
1910 |
1914 |
1972 |
842 |
1915 - 1919 |
Welheim 2 |
1911 |
1914 |
1972 |
649 |
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Rheinbaben 3 |
ab 1968 |
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1972 |
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Rheinbaben 4 |
ab 1968 |
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1972 |
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maximale Förderung 2.656660 t 1943
durchschnittlich 1 - 2 Mio. t/a
Die Glasfabrikation lief bis 1988 unter der Firmierung Ruhrglas. Der Betrieb wurde von der Oberland
Glas AG übernommen. Diese ist heute als Saint-Gobain tätig und "Erfinder" des Glasrecycling. Das Karnaper Werk ist einer der
weltweit bestehenden Prokuktionsanlagen. Durch Rationalisierung gingen viele Arbeitsplätze verloren.
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- Schacht Mathias Stinnes 1 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 1 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 1 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 2 2006
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- Mathias Stinnes 1/2 1920er
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- Schacht Mathias Stinnes 5 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 5 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 5 1925
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- Schacht Mathias Stinnes 5 1958
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- Mathias Stinnes 1/2/5 1958
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- Schacht Mathias Stinnes 3 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 3 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 4 2006
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- Schacht Mathias Stinnes 4 2006
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- Mathias Stinnes 3/4 1958
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- Mathias Stinnes 3/4 in der 1980er Jahren
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- Mathias Stinnes 3/4 Folgenutzung
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- Mathias Stinnes 3/4 Folgenutzung
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- Mathias Stinnes 3/4 Restgebäude
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- Mathias Stinnes 3/4 Waschkaue vor der Sanierung
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- Schacht Welheim 1
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- Schacht Welheim 2
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- Gelände der Zeche Welheim 1/2
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