Die Namensgebung der Zeche Zollverein weicht auffallend vom damals üblichen Schema ab. Es wurden gerne
Politiker und Adlige um eine Benennung nach ihnen umworben. Ein Blick auf den Investor, den Mülheimer Unternehmer Franz Haniel
erklärt die Lage. Er hatte u.a. eine Kohlenhandlung und betrieb eine eigene Flotte für den Transport auf dem Rhein. Später
wurde seine Familie eine der ganz wichtigen im Ruhrgebiet, der auch die Gute-Hoffnung-Hütte in Oberhausen gehörte. Daher der
bezog er sich auf den Deutschen Zollverein, der ab 1834 für einheitliche Handelsbedingungen zuerst in Preußen und bis 1888 im
gesamten Deutschen Reich sorgte. Der Familienbetrieb besteht auch heute noch mit dem Schwerpunkt Logistik und Handel.
Die Zeche Zollverein entwickelte sich zu einer der größten im Ruhrgebiet und hatte 1888 - 1901, 1932, 1934 - 1938 und 1945 die
jeweils höchste Förderung. Sie war eine der wenigen Anlagen (Schacht 1/2) mit einem doppelten Malakoffturm. Bis 1920 war sie
in Familienbesitz. Die Anlage war von Beginn an sehr profitabel.
Durch das große Grubenfeld traten Schwierigkeiten bei der Bewetterung auf. Es ereigneten sich einige Schlagwetterexplosionen.
Dabei starben 1919 drei und 1941 29 Bergleute, bei Seilfahrtunglücken 1924 und 1941 jeweils drei. Weitere größere Unglücke
scheint es nicht gegeben zu haben, womit die Zeche bezüglich ihrer Größe eine recht sichere Anlage war.
1974 wurden die Nachbarzechen Bonifacius und Holland angegliedert und von 1983 bis 1986 bestand ein Verbund mit der Zeche
Nordstern in Gelsenkirchen-Horst. Dazu wurde eine 4,8 km lange Verbindungsstrecke aufgefahren, über die die Kohle aus dem
Nordsternfeld über Bänder zum Schacht 12 transportiert. Danach erfolgte die endgültige Stilllegung Ende 1986. Die bis dahin
noch genutzten Schächte 1, 10 und 11 wurden verfüllt, die Schächte 2 und 12 wurden Teil der Zentralen Wasserhaltung der DSK.
Die Kokerei lief noch bis 1993. Das Gesamtensemble der Anlage 12 mit der Kokerei gehört seit Ende 2003 zum Weltkulturerbe der
UNESCO.
1922 ging eine Verbindungsbahn zwischen den Einzelanlagen in Betrieb. Ab 1926 waren sie durch eine weitere von der Anlage
4/5/11 mit dem Hafen Nordstern auch an das Kanalnetz angebunden. Heute sind diese Trassen überwiegend zu Radwegen umgebaut.
Die Gesamtanlage von Schacht 1/2/8, dem direkt angrenzenden Schacht 12 und der Kokerei bildeten den auch
flächenmäßig größten Zechenstandort im Ruhrgebiet. Lange galt der Betrieb als modernster in Europa. Als der Zechengründer
Franz Haniel Mutungsbohrungen ab 1840 niederbrachte hatte er die, für diese Zeit ungewöhnliche Idee, ein großes Bergwerk zu
gründen. Die Berechtsame hatte etwa dieselbe Größe wie die des benachbarten Unternehmen Cölner Bergwerks-Verein, das aber
fünf selbständige Anlagen betrieb. Da nach erfolgreichen Bohrungen die Fundflöze noch offen gelegt werden mussten war dazu
ein Schacht nötig. Er wurde gleich als späterer Förderschacht konzipiert und schnell wurde daneben der Schacht 2 abgeteuft.
Beide bildeten eine Doppelmalakoffanlage, was den Willen zum wirtschaftlichen Erfolg dokumentiert. (Die Hanielzechen Oberhausen
und Rheinpreußen hatten auch Doppelmalakofftürme.) Das ungewöhnliche Geschick Haniels zeigt sich auch bei den für die
Mutungen nötigen Bohrungen. Sie lagen in einem etwa einen km langen und
knapp 100 m breiten Streifen. Darum wurden fächerförmig die Mutungsfelder ausgerichtet. Von den beiden Schächten aus konnten bei
der ohnehin notwendigen Ausrichtung der ersten Grubenbaue die von den Bohrungen getroffenen Fundflöze aufgeschlossen werden.
Meistens wurden Schurfschächte nur zu diesem Zweck abgeteuft und gleich wieder abgeworfen. Diese Kosten blieben damit erspart.
Dazu kam auch Glück - die Flöze sind am Schacht 1/2 flach gelagert.
Beim Teufen von Schacht 1 kam es zu starken Wasserzuflüssen, die einige Schwierigkeiten bereiteten, aber beherrschbar blieben.
Daher wurde schnell der Schacht 2 abgeteuft, der später für die Wasserhaltung benutzt wurde. Da die Bergleute über Leitern
(Fahrten - daher der Begriff Ein-/Ausfahrt) in die Grube einfuhren baute man im Schacht 1 eine ab 1857 benutzte (im Rurgebiet
unübliche)
Fahrkunst ein. Diese wurde 1878 durch die Seilfahrt ersetzt,
da sie zu unfallträchtig war. Die Anlage 1/2 lag günstig zur Eisenbahn und entwickelte sich gut. Es wurde auch früh eine Kokerei
gebaut. Später kam noch der Schacht 8 für die bessere Bewetterung abgeteuft. Bis heute prägt die Anlage mit den zugehörigen
Siedlungen den Essener Nordosten. Die einmalige architektonische Gestaltung der Industriebauten geht auf die Architekten Fritz
Schupp und Martin Kremmer zurück. Dies führte letztlich zur Einstufung als Weltkulturerbe.
Auf der Anlage 1/2/8 wird der Schacht 2 - zusammen mit Schacht 12 - noch als Teil der zentralen Wasserhaltung der RAG betrieben.
Der Förderturm in Stahlfachwerkkonstruktion stand ursprünglich über Schacht 2 der Anlage Friedlicher Nachbar in Bochum und
wurde 1964 umgesetzt. Über dem 1991 verfüllten Schacht 1 ist ein Strebengerüst in Vollwandbauweise erhalten. Auf dem Gelände
befindet sich der Kunstschacht Zollverein
PACT Zollverein mit dem
Choreographischen Zentrum NRW Tanzlandschaft Ruhr. Ein spektakulärer Neubau an der Gelsenkirchener Straße ist das Gebäude der
Folkwangschule, auch
SANAA-Gebäude nach dem Tokioter Architektenbüro, das den Entwurf lieferte genannt. Es besticht durch die ungewöhnliche Anordnung
der Fenster und den teilweise fast leeren Innenräumen. Die Wärmedämmung und gleichzeitig Heizung besorgt ein Schlauchsystem in
den nur 25 cm dicken Wänden, durch das ca. 28 Grad warmes Wasser aus der zentralen Wasserhaltung zirkuliert.
Als der Schacht 12 in Btrieb ging markierte er ein völlig neues Prinzip im Ruhrbergbau. Zum einen wurde der Gesamtbetrieb über
und unter Tage komplett neu geordnet und rationalisiert und alle Kohlen an diesem Standort gehoben. Zum anderen war er nur
Förderschacht, es fand keine Seilfahrt statt, d.h. es gibt auch keine Kaue. Die komplette Anlage ist bis auf den Kamin des
Kesselhauses erhalten. Die Gebäude sind anders als üblich kulturell genutzt, u.a. durch die renommierte Folkwangschule. Das Design
Zentrum Nordrhein Westfalen befindet sich im ehemaligen Kesselhaus und daneben das
red dot design Museum,
wo die preisgekrönten Objekte ausgestellt sind. Ein Ort für Gegenwartskunst ist die nahegelegene Kokerei Zollverein, ein Standort
der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur. Dort, im ehemaligen Salzlager, befindet sich als Dauerausstellung die
begehbare Rauminstallation "Palast der Projekte" von Ilya & Emilia Kabakov. Im Casino Zollverein (Gastronomiebetrieb im
Niederdruckkompressorenhaus) sind Relikte der früheren Nutzung bewusst erhalten worden.
Im Bereich der Koksofenbatterien wird u.a. im Sommer ein Freibad angeboten, im Winter eine 600 m lange Eislauffläche. Daneben
informiert die Ausstellung "Sonne , Mond und Sterne" über Energiegewinnung und Nutzung. Nach dem Umbau der Kohlewäsche hat
jetzt auch das Ruhrlandmuseum seinen Standort auf dem Gelände. Ausführliche Infos finden sich unter
Zeche Zollverein.
Die Förderung lag lange bei 500000 - 600000 t/a und stieg ab 1927 sprunghaft an. 1929 wurde das Maximum von 1.188830 t erreicht.
Der Schacht 12 hatte 1932 mit einer Förderung von 1.896770 t begonnen und lag wenige Jahre später bei über 3 Mio. t/a. Eine
Brikettfabrik ging 1886 in Betrieb. Nach wenigen Monaten erwies sich die geförderte Kohle als ungeeignet. 1886 wurde die Fabrik
abgerisen.
Die im Stadtteil Schonnebeck gelegene Anlage domimierte diesen, da sie auf einer Kuppe lag und somit die
umgebende Bebauung überragte. Daher ist auch das erhaltene Strebengerüst über Schacht 10 weithin sichtbar. Im Fördermaschinenhaus
ist das "Erfahrungsfeld zur Entfaltung der Sinne" untergebracht, die auf Ideen des Essener Künstlers Hugo Kückelmann (1900 - 1984)
basiert. An 80 Stationen können Erfahrungen z.B. mit Tasten und Riechen, aber auch in physikalischen Selbstversuchen gewonnen
werden
Erfahrungsfeld. Am Fördergerüst entstanden weitere in
einen Spielplatz integrierte Objekte. Im Bereich des ehemaligen Torhauses wurde ein kleiner Gewerbepark mit dem Schwerpunkt
Handwerk entwickelt, auf dem östlichen Teilbereich eine Seniorenwohnanlage eingerichtet.
Der 1980 verfüllte Schacht 3 liegt am Rand des Spielplatzbereich und ist mit einer Tafel markiert. Der auch 1980 verfüllte
Schacht 7 liegt im Grünbereich des Handwerkspark und hat eine Protegohaube. Die ehemalige Zechenbahntrasse ist in das regionale
Radwegenetz integriert worden.
Bis zur Inbetriebnahme von Schacht 12 war die Anlage mit eigener Kokerei selbständige Förderanlage. Sie förderte 500000 - 600000
t/a und ab 1926 über 800000 t. Maximal waren es 1929 939050 t.
Die im Norden Katernbergs, direkt an der Stadtgrenze zu Gelsenkirchen gelegene Anlage 4/5/11 war in der 1920er
Jahren modernisiert und erweitert worden. Mit dem Bau von Schacht 12 wurde die Funktion von Schacht 11 überflüssig und das relativ
neue Gerüst zum Schacht 6 der Zeche Holland in Bochum-Wattenscheid versetzt, wo es noch erhalten ist. Die Anlage entwickelte sich
nicht so schnell wie erwartet, wodurch sie 1929 zunächst betriebsfähig gehalten wurde (Kokerei sillgelegt). Nach der Inbetriebnahme
von Schacht 12 blieb sie als Nebenanlage ab 1932 weiter in Betrieb. Bis 1967 fand hier noch Abbau in steiler Lagerung statt.
In den ehemaligen Verwaltungsgebäuden befindet sich das
TripleZ (ZukunftsZentrumZollverein),
eine Einrichtung die Jungunternehmer (2014 knapp 100 mit 600 Beschäftigten) mit Beratung und Flächen unterstützt. Auch Einrichtungen
der Stiftung für Türkeistudien und Integrationsforschung, einer Einrichtung des Landes NRW befinden sich hier. Ein großer Teil
der Betriebsgebäude blieb erhalten, nur die ehemalige Aufbereitungsanlage mit dem Zechenbahnhof wurde abgeräumt. Im Mai 2014 war das
TripleZ einer der wenigen Programmpunkte beim Besuch des niederländischen Königspaars in NRW.
Die Schächte 4 und 11 sind mit Protegohauben versehen und liegen auf dem Gelände einer Spedition, die einen großen Teil der
Gesamtfläche nutzt. Der Schachtdeckel und das Nachfüllrohr von Schacht 5 liegen im Pflaster eines Firmenparkplatzes südlich
des Fördermaschinengebäude von Schacht 11. Er wurde schon 1932 verfüllt. Auf der Trasse der ehemaligen Zechenbahn verläuft ein
Radweg.
Trotz des großzügigen Ausbaus erreichte die Anlage nur maximal 697510 t im Jahr 1929, durchschnittlich 300000 - 500000 t/a.
Die Anlage 6/9 knapp einen km südlich von Schacht 12 ist komplett abgerissen und mit Mehrfamilienhäusern bebaut
("Wohnpark im Grünen"). Der 1975 verfüllte Schacht 6 ist als kreisrunde mit Kies bedeckte Fläche im zentralen Grünbereich der
Wohnsiedlung neben dem Spielplatz erkennbar, Schacht 9 - 1982 verfüllt - liegt nicht frei zugäglich knapp westlich der Bebauung
und hat keine sichtbaren Spuren hinterlassen.
Entstanden ist die Anlage nur wegen des "Wurmfortsatzes" im südwestlichen Grubenfelds. Man hielt Ende des 19.Jahrhunderts die
Förderwege unter Tage für zu lang und teufte daher einen Förderschacht ab. Die Kohle wurde über eine Seilbahnbrücke zum Schacht 1/2
transportiert, die 1913 durch einen Bahnanschluss ersetzt wurde. Gleichzeitig wurde die Anlage ausgebaut und 1914 das noch stehende
hölzerne Abteufgerüst von Schacht 9 duch ein eisernes ersetzt. Sie wurde als einzige Nebenanlage 1929 stillgelegt und das
Grubenfeld der Anlage 1/2 zugeschlagen.
Trotz der relativ ungünstigen Lagerungverhältnisse erreichte die Anlage Fördermengen von 200000 - 400000 t/a und 1914 maximal 424974 t.
durchschnittlich 1 - 2 Mio. t/a
Das Gelände der Kokerei am Schacht 12 soll in den kommenden Jahren zu einem Gewerbestandort entwickelt
werden. 2012 startete als Ankerprojekt die neue Unternehmenszentrale der RAG Montan Immobilien. Auf einem großen Teil der
Freiflächen der Kokerei wurde Ende 2012 der Zollverein Park geöffnet. Geplant wurde er von der Planergruppe Oberhausen in
Zusammenarbeit mit F1rstdesign, LichtKunstLicht AG und Observatorium. Das Konzept beinhaltet neue Wege, Plätze und Pavillons.
Dazu kommen Installationen und ein Beleuchtungskonzept. Der "Wildwuchs" wird behutsam landschaftgärtnerisch gepflegt.