Zeche Victoria Mathias in Essen-Stdtmitte-Nord
1840 - 1965
Unter dem Namen Mathias wurde ab 1840 der erste Schacht abgeteuft, der nördlich der damaligen Stadt
Essen lag. Der Name der Anlage geht auf die Mutung durch Mathias Stinnes zurück, der der wichtigste Finanzier war. Ab 1848 kam es
zur Konsolidierung mit der Gewerkschaft Victoria und der Umbenennung in Victoria Mathias. Zuvor war hinter einer
Störung ein Flöz der Nachbarmutung Victoria angetroffen worden. Den für die Abbaugenehmigung erforderlichen Schürfschacht hatte Stinnes
immer wieder hinausgezögert. Sein Argument waren Klagen wegen versiegender Brunnen, die schließlich zu einer "Querschlagmutung"
führte. Dazu wurde eine Strecke in das Feld Victoria getrieben und ein bauwüdiges Flöz erschlossen. Möglicherweise hatte Stinnes
von Anfang an diese Lösung im Sinn, die viel Kapital einsparte.
Südlich angrenzend mutete Stimmes die Zeche Graf Beust, die nach Ernst August Graf von Beust, dem ersten Berghauptmann
des rheinischen Oberbergamtes benannt wurde.
An der östlich angrenzenden Mutung Friedrich Ernestine war auch Stinnes beteiligt. So ist erklärbar, dass der Kohleabbau
von Graf Beust aus begann. Nach dem Tod von Stinnes übertrugen die Erben die Nutzungrechte 1854 an die Gesellschaft für
Bergbau- und Hüttentechnik in Köln, die 1864 von der Firma Friedr. Krupp erworben wurden.
1952 wurden die drei Zechen unter Gewerkschaft Victoria Mathias zusammengefasst. Victoria Mathias war eine der ersten "Großzechen"
und hatte von 1858 - 1869 die höchste Förderung im Ruhrgebiet, lag aber immer deutlich unter 400000 t/a.
Ab 1900 bestand ein Vertrag zur Dampflieferung an das RWE, das auf den Zechengelände sein erstes Elektrizitätswerk baute. Ab 1910
wurde Gas für die Sraßenbeleuchtung an die Stadt Essen geliefert. Die endgültige Angliederung an das RWE erfolgte 1921.
Mit der Kohlenkrise 1958 fanden Rationalisierungsmaßnahmen statt. Die östlich angrenzende Zechen Friedrich Ernestine wurden angegliedert
und deren Förderung schrittweise übernommen. Schon 1929 war die Zeche Graf Beust übernommen worden. 1965 erfolgte die Stilllegung
des gesamten Bergwerks.
Bei Schlagwetterexplosionen starben 1892 drei Bergleute, 1910 neun (fünf VM, vier FE), 1921 neun und 1934 drei. Bei einem Unglück starben 1933
drei Bergleute.
Victoria Mathias
Während des Abteufens soff der Schacht Mathias mehrfach ab. Dazu kamen Proteste von Bürgern, deren Brunnen
versiegten. Das führte zu mehreren Unterbrechungen und 1842 zu Absaufen des Schachts. 1843 konnte die Eigenbedarfsförderung aufgenommen
werden. Nach den o.a. Mutungen durch Querschläge begann 1844 die reguläre Förderung und 1845 folgte die Konsolidierung zu
Victoria Mathias.
1849 wurde erstmals eine Separation und eine Kohlewäsche im Ruhrgebiet in Betrieb genommen. Die Kokerei wurde zunächst auf dem
Zechengelände privat von der Handelsgesellschaft Mathias Stinnes betrieben, kurz darauf übernommen. 1846 und 1847 wurden Wetterschächte
mit knapp 80 cm Durchmesser gebohrt.
Der Schacht Gustav begann 1861
mit der Förderung und danach traten Bergschäden im nördlichen Stadtgebiet von Essen auf. Trotz erheblicher Bergschädenkosten bis
1886 immer eine hohe Ausbeute. Einen Rückschlag war das Zubruchgehen von Schacht 1 im Jahr 1898, da der Schacht 2 noch nicht
fertiggestellt war. Bei den Reparaturarbeiten gab es einen weiteren Einsturz mit sieben Toten. Der Zechenbetrieb wurde eingestellt
und 1900 nach Neuteufen von Schacht 1 und Fertigstellung von Schacht 2 wieder aufgenommen. Beide Schächte waren bis zur Stilllegung
die Zentralschächte für den Verbund.
Die Silhoutte von Victoria Mathias am nördlichen Rand der Essener Innenstadt war lange Zeit dominierend durch das hier betriebene
RWE-Kraftwerk mit vielen Schornsteinen. Bis 1961 befand sich die RWE-Verwaltung auf dem Zechengelände. Hier ist weiter die Energie-Verwaltung
untergebracht und ein Umspannwerk. Die ehemaligen Schächte liegen im Grünstreifen des Hauptgebäudes mit Markierungen und sind
nicht frei zugänglich.
Die Fläche der Anlage Mathias wurde komplett durch die Universität Essen überbaut. Erkennbar ist die Lage des Schacht durch die an
einem Nebengebäude hochgezogene Protegohaube.
Graf Beust
Die Zeche Graf Beust wurde zur gleichen Zeit wie Mathias abgeteuft. Sie lag östlich der damaligen Stadt Essen in
einem überwiegend ländlichen Umfeld. Für den Kohleabsatz nach Mülheim - damals Hauptumschlagsplatz - betrieb die Zeche von 1858 - 1868
eine Pferdebahn. Von Anfang an wurden Sicherheitsmaßnahmen gegen Wassereinbrüche vorgenommen. Es wurde mit Vollversatz gearbeitet und
erst ab 75 m Teufe Kohle gewonnen, die ab 39 m Teufe anstand. 1870 brannte es über und unter Tage. Die Konsequenz war eine viermonatige
Betriebspause und das Errichten eines eisernen Fördergerüsts (zweites im Ruhrrevier). Problematisch wurde der Kohleabbau mit dem starken
Wachsen der Stadt Essen wegen der Kosten durch Bergschäden. Mittelfristig konnten Abbauverträge mit den beiden anderen Zechen die Lage
verbessern. Auch die Übernahme der 1897 stillgelegten Zeche Hoffnung brachte keine echte Verbesserung, da diese direkt westlich der
Stadt lag. Bis 1882 war der Betrieb rentabel, danach konnte nur noch mit Bergeversatz unter der Stadt Essen abgebaut werden. Die vorgesehene
Abbauverlagerung nach Süden scheiterte an den schlechten geologischen Bedingungen. 1929 erfolgte die Stilllegung mit dem Abriss der meisten
Gebäuden. Die Förderung war mit 100000 - 150000 t/a bescheiden, das Maximum waren 187486 t 1867.
Nach der Übernahme der beiden Schächte durch Victoria Mathias war die wichtigste Aufgabe die Wasserhaltung für die Gesamtanlage. Die Schächte
wurden unter Victoria Mathias 5 und 6 geführt. Der Schacht 1 wurde 1963 verfüllt, Schacht 2 1966.
Von den verbliebenen Gebäuden sind einige weiter gewerblich genutzt. Die Verwaltung wurde ansprechend renoviert und zu Büros umgebaut.
Auf der Fläche der Kokerei und der Zechenhalde entstand ein Betriebshof der Essener Verkehrsbetriebe.
Friedrich Ernestine
1865 wurde mit dem Teufen des Schachts Glückauf Friedrich begonnen und im selben Jahr bei 11,5 m Teufe abgebrochen.
Erst ab 1871 mit der Zusammenlegung der Felder Glückauf Friedrich und Ernestine (von Graf Beust aus erschlossen, aber kein eigener Betrieb)
und der Konsolidation zu Friedrich Ernestine kam der Ausbau voran. Von 1871 - 1884 war die Zeche an Krupp verpachtet. Ab 1890
kam mit der Inbetriebnahme eines Kraftwerks und der Stromlieferung für die Strassenbeleuchtung des Stadtteils Stoppenberg der wirtschafliche
Aufschwung. Ab 1910 wurde Gas für Straßenlaternen der Stadt Essen geliefert und 1921 übernahmen die RWE die Zeche. Nach dem Verbund mit Victoria
Mathias wurde der Schacht 1 als Victoria Mathias 4, Schacht 2 als Victoria Mathias 3 geführt. Sie wurden von 1964 - 1966 verfüllt.
Auf der ehemaligen Betriebsfläche entstand ein Industrie- und Gewerbegebiet. Die Schächte sind nicht frei zugänglich.
Hoffnung
Diese Zeche Hoffnung bestand seit 1805 unter dem Namen Ver. Hoffnung & Secretarius Aak und betrieb
seit 1864 Tiefbau. Der älteste Vorgängerbetrieb Fettlappen existierte schon (mit Unterbrechungen) seit dem 16. Jahrhundert als
Stollenzeche. Ab 1623 bestand der zweite Vorgänger Zur Hoffnung, der ebenso unstetig betrieben wurde. Beide konsolidierten im
Jahr 1805.
Nur vier Jahre nach dem Tiefbaubeginn kamen die ersten Einschränkungen beim Abbau durch Bergschäden. Ab 1870 erzeugte eine
Privatkokerei Koks. Sie wurde 1874 angekauft und verbesserte die finanzielle Situation durch die Eigenproduktion nur für eine kurze Zeit.
Ungünstige geologische Bedingungen im 1882 erworbenen Feld Neuwerk südlich der Essener Innenstadt, der Bergeversatz und lange Förderstrecken
bewirkten die Stilllegung im Jahr 1897. Die Förderung lag bei 100000 -140000 t/a mit dem Maximum von 187486 t im Jahr 1867.
Das Betriebsgelände ist in Bebauung (u.a. Bürogebäude) aufgegangen, der Schacht liegt auf einem Parkplatz. Am Rand davon befindet sich
die Nachfüllöffnung mit einem Schild der Schachtdaten.
Der Vorgängerbetrieb Secretarius Aak baute ab 1750 im Stollen Flözpartien in sehr geringer Teufe ab. Hier traten schon 1840 und
1860 zwei Tagesbrüche auf. Sie waren auch mit verantwortlich für Bergschäden, die den Bahnbetrieb am Essener Hauptbahnhof monatelang
beeinträchtigten.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
Mathias |
1840 |
1844 |
1893 |
255 |
1843 - 1875 |
Wetterbohrschacht 1 |
1846 |
1846 |
1863 |
|
|
Wetterbohrschacht 2 |
1847 |
1847 |
1867 |
|
|
Victoria Mathias 1 (Gustav) |
1857 |
1861 |
1965 |
1150 |
1890 -1930 |
Wetterschacht |
1870 |
1872 |
1887 |
107 |
|
Victoria Mathias 2 |
1898 |
1899 |
1965 |
1190 |
|
Graf Beust 1 (Dahlmeyer) |
1840 |
1842 |
1962 |
645 |
|
Graf Beust 2 (Ernestine) |
1842 |
1844 |
1965 |
945 |
|
Wetterschacht (Bohrloch) |
1850 |
1852 |
1868 |
945 |
|
Hoffnung |
1863 |
1864 |
1897 |
448 |
1870 - 1894 |
Friedrich Ernestine 1 |
1871 |
1873 |
1963 |
1110 |
1892 - 1959 |
Friedrich Ernestine 2 |
1897 |
1899 |
1963 |
1016 |
|
maximale Förderung 742847 t 1937, im Verbund 836995 t 1959
durchschnittlich 300000 - 500000 t/a, im Verbund 600000 t - 700000 t/a
Alle Zechen, die unter der Essener Innenstadt Kohle abbauten hatten strenge Auflagen des Oberbergamts. Dazu zählten auch die
Zechen Sälzer und Hercules. Der Abbau war erst ab ca. 140 m Teufe erlaubt, unter Bahnanlagen kamen noch 20 m
dazu und die Vorschrift im Schachbrettmuster zu arbeiten. Dabei blieben etwa 50% der Kohle als Pfeiler stehen.
Für die Zeche Hoffnung galten weitere Vorschriften. Im Bereich des alten Stollenbetriebs wurde ein weiterer Abbau oberhalb von
20 m Teufe verboten und bis zum Tiefbaubeginn in Teilbereichen nur jeweils ein einziger Abbaubetrieb (damals Ortsbau) genehmigt,
teilweise ein Abbau verboten. In einer Teufe von 120 - 180 m war Schachtbrettabbau vorgeschrieben und beim tiefer liegenden
Pfeilerabbau war Handversatz vorgeschrieben, bei dem die geringsten Bergsenkungen zu erwarten sind. Unter der Pauluskirche musste
ein Sicherheitspfeiler stehen bleiben; unter 180 m Teufe wurde in Teilbereichen Schachbrettabbau angeordnet. Mit diesen
Einschränkungen war langfristig ein rentabler Betrieb ausgeschlossen, da sich die Stadt Essen mit der Industrialisierung stark
vergrößerte.
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- Schacht Mathias etwa 1880, Ausschnitt aus Panoramafoto Krupp
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- Schacht Mathias auf dem Campus der Uni Essen
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- Schacht Mathias auf dem Campus der Uni Essen
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- Victoria Mathias etwa 1850
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- Victoria Mathias um 1860
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- Victoria Mathias um 1925 mit dem RWE Kraftwerk
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- Victoria Mathias um 1925 mit dem RWE Kraftwerk
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- Victoria Mathias Abdeckung Schacht 1
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- Victoria Mathias Abdeckung Schacht 2
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- Friedrich Ernestine 1/2 um 1926
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- Friedrich Ernestine 1/2 um 1958
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- Friedrich Ernestine Schacht 1
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- Graf Beust um 1850
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- Graf Beust Gerüst Konstruktionszeichnung
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- Graf Beust Gerüst
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- Graf Beust Schacht 1 Revisionsöffnung
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- Graf Beust Schacht 2 Nachfüllrohr
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- Graf Beust Bereich der Schächte 1 un 2
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- Graf Beust Restgebäude am Schacht 1
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- Graf Beust Restgebäude am Schacht 1
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- Graf Beust Restgebäude am Schacht 1
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- Graf Beust sanierte Verwaltung
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- Graf Beust sanierte Verwaltung
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- Graf Beust sanierte Verwaltung
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- Graf Beust sanierte Verwaltung, Detail der Fassade
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- Zeche Hoffnung in den 1860er Jahren
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- Schacht Hoffnung Nachfüllöffnung
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- Schacht Hoffnung mit Infotafel
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- Schacht Hoffnung Infotafel
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- Schachbrettversatz nordwestlich von Schacht Hoffnung
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