Die Zechen Adler und Victoria sind beispielhaft für Betriebe, die ganz nah am südlichen Rand des Steinkohlevorkommens lagen.
Beide bauten Kohle in der hier auslaufenden Baaker Mulde ab. Viele kleinere Störungen erschwerten den Abbau. Diese sorgten
auch für einen hohen Feinkohleanteil. Ausser zum Brikettieren konnte dieser kaum genutzt werden und war schwer verkäuflich.
Als Hausbrand und Schmiedekohle war die stückreiche Kohle zwar gut absetzbar, hatte aber gegen die nördlicher liegenden großen
Zechen langfristig keine Chance.
Die Flöze sind hier sehr steil, teilweise fast senkrecht gelagert. Ein Abbau ohne kostspieligem Vollversatz war selbst bei
der geringen Besiedlung kaum möglich. Es standen zudem nur wenige bauwürdige Flöze an.
Ein weiterer Kostenfaktor war der hohe Wasserzufluss durch das fehlende Deckgebirge. Über die beim Abbau entstehenden feinen Risse
im Gebirge konnte Regenwasser leicht in die Grubenbauten durchsickern. Solange im Stollen abgebaut wurde lief es relativ
problemlos ab. Mit dem einsetzenden Tiefbau musste es abgepumpt werden und verursachte zusätzlich höhere Kosten als in den
Zechen weiter nördlich mit deutlich geringeren Wasserzuflüssen. Das alles zusammen machte diese Randzechen langfristig unrentabel.
Beide wurden in Folge der ersten großen Bergbaukrise in den 1920er Jahren stillgelegt.
Die Zeche Adler hatte Vorgängerbetriebe, die alle mittels Stollen Kohle abbauten. Diese gehörten von 1838 bis 1845 zu den
Hardenbergschen Kohlenbergwerke. Sie waren die älteste Bergwerksgesellschaft auf Aktien im Ruhrgebiet. Üblich waren
Jahrhunderte lang Kuxe, die nicht wie Aktien gehandelt wurden. Als der Kapitalbedarf
bei der Nordwanderung des Bergbaus stieg wurden die Kuxen in Aktien gewandelt und verschwanden schließlich.
Nach dem Konkurs fielen alle beteiligten Betriebe an Ver. Petersburg. Dazu kamen noch weitere kleinere Betriebe, die alle
ab 1906 unter dem Namen Adler zusammengefasst wurden. Der Zechennahme ist für die Zeit ungewöhnlich. Die Benennung nach
Tieren war ab der Mitte des 18. Jahrhundert weit verbreitet.
Der Zechenname Victoria bezieht sich wohl auf die römische Siegesgöttin. Der Abbau begann hier auf dem nördlichen Hang des
Deilbachtals durch mehrere Stollenzechen, die sich später zusammenschlossen, um die Tiefbauanlage abzuteufen. Die erste Anlage
lag am Berghang und lief nach der Aufnahme des Tiefbaus weiter als Nebenbetrieb. Hier ist noch der Stumpf eines Wetterkamins erhalten.
Beide Zechen waren unter Tage seit 1911 mit einem Querschlag miteinander verbunden. Größere Grubenunglücke gab es bis auf eines
(s.u.) nicht.
Die Vorgängerbetribe von Adler waren:
Etwa 1758 begann der Stollenbetrieb, der mit Unterbrechungen bis zur erneuten Verleihung (erste
1784) im Jahr 1792 bestand. 1803 werden die Betriebe Huferbänke (Huf I und Huferbank II) auch
unter dem Namen Gabe Gottes genannt.
Augustus Erbstolln fuhr ab 1811 einen Erbstollen auf und begann 1812 mit dem Abbau. Offenbar war ein eigener
Betrieb nicht lohnend und wurde von Gabe Gottes übernommen. Eher formal bestand der Betrieb bis zur Konsolidierung
zu Ver. Petersburg.
1812 kam die Übernahme von Augustus Erbstolln und bis 1820 baute die Zeche in dieser Berechtsame Kohle ab. Von
1838 bis 1848 gehörte der Betrieb zu den Hardenbergischen Kohlenbergwerken. Bis 1860 gab es nur minimale
Aktivitäten um den Entzug der Betriebgenehmigung nicht zu verlieren. Danach wurde nur noch eine Verbindungsstrecke
zur Zeche Petersburg aufgefahren. 1861 folgte die Konsolidierung zu Ver. Petersburg.
Unter diesem Namen bestand 1802 ein Betrieb, der im selben Jahr aufgetrennt wurde. Huf I
begann ab 1867 mit dem Abbau und erreichte 5000 - 7000 t jährlich, 1873 maximal 16758 t. Um 1879 kam die
Vereinigung zu Huf I & Huferbank.
Vermutlich identisch mit Huf I war Huferbank I. Um 1848 und 1877 gab es einen belegten Betrieb.
Der Betrieb Huferbank förderte lange nur wenige Hundert Tonnen jährlich. Ab 1858 erhöhte sich mit einem Stollen
im Asbachtal die Förderung auf etwas über 4000 t/a. 1873 war das Maximum von 6876 t. Die Stilllegung kam 1878 und
1879 die Vereinigung zu Huf I & Huferbank.
Huf I & Huferbank betrieben nur noch Restabbau - bis 1887 bis knapp 1000 t jährlich. Die Vorgänger hatten im Schnitt
20 - 30 Bergleute; hier waren es drei bis vier. 1906 ging die Berechtsame an die Zeche Adler.
Schon vor der Verleihung im Jahr 1809 gab es einen geringen Stollenbau. Wesentliche Änderungen gab
auch danach nicht. Es gab immer wieder Stillstandsphasen. Um 1852 wurde auch Eisenstein abgebaut. 1861 folgte die Konsolidierung
zu Ver. Petersburg.
1831 wurde ein Längenfeld verliehen und ab 1848 Kohle abgebaut. Dieie Förderung wuchs stetig an, 1869
3886 t und 1870 9366 t.
1870 wurde der Betrieb in Carl Hugo umbenannt. Die Förderung lief bis 1883 mit einigen Unterbrechungen. Sie lag
bei 7000 - 14000 t/a. 1873 wurde das Maximum mit 21441 t erreicht. Ab 1881 baute der Betrieb nur noch Pfeilerreste über
der Stollensohle ab. 1907 folgte die Konsolidierung zu Adler.
1850 wurde ein Längenfeld verliehen, der Abbau begann 1856. Die Förderung lag im Bereich von 4000 t/a. Etwa 1862 wurde der Felderteil östlich des Deilbachs zusammen mit Scharze Adler abgebaut. 1869 oder 1870 wurde der Betrieb stillgelegt. Auch als Trompette geführt.
Der auch Schwarze Adler genannte Betrieb erhielt 1792 das Schurfrecht und 1798 die Konzession durch den
Abt Seda von Werden. Die Abtei hatte bis zur Säkularisierung das landesherrliche Recht auf Bodenschätze (Regalrecht). Ein regelmäßiger
Betrieb begann ab 1813. Die jährliche Förderung lag bei 4000 bis 10000 t. Zeitweise wurde auch Kohleneisenstein abgebaut. 1847 endete
der reguläre Abbau. Später wurden hin und wieder Kleinstmengen an Kohle gewonnen.
Mit dem Betrieb eng verbunden war der Schwarzer Adler Erbstollen. Er war von 1836 bis 1847 in Betrieb. Danach fanden bis 1872
nur Erhaltungsarbeiten statt. Ab 1854 wurde er weiter vorgetrieben. 1861 wurde die Endlänge von ca. 3165 m erreicht.
1907 folgte die Konsolidierung zu Adler.
Das erste Stück des Stollens wurde 1903 beim Bau der Karl-Funke-Stiftung verschüttet und 2018 durch eine Baustelle wieder sichtbar.
Ursprünglich war ein neues Stollenmundloch geplant, was durch die Stilllegung entfiel.
1839 wurde ein Längenfeld verliehen. Vor 1897 gab es keinen Betrieb. 1900 konnten 10543 t Kohle gewonnen werden. 1904 waren es nur noch 4904 t. Wegen Unbauwürdigkeit der aufgeschlossenen Flöze kam 1906 die Stilllegung. Die Berechtsame kam zu Adler. Der Misserfolg dürfte mit dem wilden Abbau während der französischen Besetzung (1806 bis 1815) zusammenhängen. Damals konnte nach dem Code Napoléon ohne Konzessionen Kohle gewonnen werden. Das später wieder eingesetzte Preußische Bergrecht beendete diese z.T. chaotischen Zustände.
Die Vereinigung der oben beschriebenen Stollenzechen zu der neuen Gesellschaft sollte den Tiefbau ermöglichen.
Ab 1839 wurden Schächte abgeteuft und mit der Förderung begonnen. Parallel lief der Stollenbergbau weiter. 1840 ging eine etwa
700 m lange Anschlussbahn zur Prinz Wilhelm-Bahn in Betrieb. 1841 konnten 14756 t gefördert werden, 1842 16858 t.
Der Ausbau der Zeche war so teuer, dass mehrmals 40000 Taler Zuschüsse nötig wurden. [Ein Handwerker verdiente etwa 100 Taler pro
Jahr.] Schon 1845 wurde die Gesellschaft liquidiert und die Schächte abgedeckt.
Die Zeche Ver. Petersburg hatte eine noch kürzere Lebensdauer. Sie bestand von 1861 bis 1866. Die Förderung
blieb deutlich unter 1000 t jährlich. Mit zehn Berleuten wurden 1861 knapp 500 t gefördert. Ab 1862 gehörte die Zeche zu Huferbank II
und wurde 1866 stillgelegt. Das Schachthaus hatte nur die Größe eines kleinen Bauernhofs. Die beiden Schächte wurden nach der
Stilllegung verfüllt.
Von 1870 bis 1885 gab eine Konsolidation zu Petersburg & Moskau. Nur 1885 gab es einen Betrieb, später kam es wegen schlechter
Konjunktur zum Konkurs. Ein eigener Betrieb von Moskau ist nicht bekannt. 1906/1907 übernahm Adler die Zechenfelder.
Zusätzlich gab es eine Reihe kleinerer Zechen oder Verleihungen, die nicht direkte Vorlaufbetriebe waren und das Grubenfeld von Adler vergrößerten.
1845 wurde ein Längenfeld, 1874 ein Geviertfeld verliehen. Der Abbau begann 1891. 1899 wurden als Maximum 15116 t erreicht, sonst schwankte die Förderung stark (2000 - 9000 t/a). 1906 kam das Grubenfeld zu Adler.
Zwischen 1907 und 1909 kamen kleinere Grubenfelder, in denen nur minimalster Abbau betrieben wurde.
Dieser Flickenteppich aus kleinen Zuwächsen des Grubenfelds ist für Zechen am südlichen Rand im Ruhrgebiet typisch und geht
auf die Geologie zurück. Die hier frei liegenden Flöze waren früh bekannt und durch die Topografie entstand quasi in jedem
Tal ein Stollenbetrieb, der meist kaum rentabel war. Hier waren es:
Ver. Grünthal, verliehen 1865; Flor IX verliehen 1879; Johann I verliehen wahrscheinlich 1839;
Verbindung verliehen 1847; Carl Traugott verliehen 1845; Hamm verliehen 1838; Klein Umstand
verliehen 1831 mit Betrieb um 1836 /1848. Der Sickelberger Stolln wurde schon 1528 erwähnt und war mindesten von
1543 bis 1592 in Betrieb. 1845 wurde ein Längenfeld verliehen.
Die Vorgängerbetriebe von Victoria waren:
Ab 1820 gab es eine Zeche in Hattigen-Niederwenigern, die bis 1857 einen unbedeutenden Abbau betrieb. Das Grubenfeld reichte bis ins Deilbachtal. Es gab keine Verbindung unter Tage. 1864 kam der Zusammenschluss zu Victoria.
Auch diese Zeche lag lag in Hattigen-Niederwenigern. Von 1784 bis 1787 ist ein Betrieb belegt. Von 1850 bis 1863 gab es eine weitere Abbauphase. Dabei förderten 1855 23 Bergleute 2537 t Kohle. 1864 kam der Zusammenschluss zu Victoria.
Ab 1847 wurde ein Stollen am Deilbach vorgetrieben, sonst sind keine weiteren Daten bekannt. 1849 kam die Konsolidation zu Ver. Himmelskrone.
1830 wurde ein Längenfeld verliehen.Ab 1858 wurde ein Erbstollen aufgefahren. Ein eigener Betrieb ist unbekannt. 1849 kam die Konsolidation zu Ver. Himmelskrone.
1854 entstanden durch Konsolidation von Himmelscrone, Siegeswagen und Mutung Himmelskroner Erbstollen. Bis 1862 gab es Kohlenabbau. Es wurden bis zu 2773 t im Jahr erreicht. 1864 kam der Zusammenschlus zu Victoria.
1825 wurde ein Längenfeld verliehen. Bis 1855 kam es zu sporadischen Abbau. Danach ist alle paar Jahre ein Betrieb belegt bis 1868 (Förderung 1200 t) belegt. 1884 folgte die Konsolidation zu Victoria.
1840 wurde ein Längenfeld verliehen und um 1850 Abbau betrieben. 1884 folgte die Konsolidation zu Victoria.
1844 wurde ein Längenfeld verliehen. Gehörte später zu Neuglück in Breuerssiepen. 1907 Erwerb durch Adler.
Ab 1871 wahrscheinlich aus Paas und Rote Adler entstanden. 1884 folgte die Konsolidation zu Victoria.
Schon vor 1784 soll es einen Kohleabbau gegeben haben. 1831 wurde ein Längenfeld verliehen und um 1857 Abbau betrieben. Bis 1873 gab es einen Betrieb mit Unterbrechungen und weniger als 1000 t Förderung im Jahr. Um 1875 wurde die Zeche von Victoria komplett übernommen.
Von 1834 bis 1840 gabe es eine erste Betriebsphase (Verleihung 1828). 1900 begann ein neuer Abbau mit 1220 t. 1902 waren es nur noch 546 t. 1903 folgte der Konkurs und 1904 die Übernahme durch Victoria.
Schacht | Teufbeginn | Inbetriebnahme | Stilllegung | max. Teufe (m) | Brikettfabrik |
Petersburg 1 | 1838 | 1839 | 1866 | 51 | |
Petersburg 2 | 1838 | 1839 | 1866 | 60 | |
Petersburg 3 | 1841 | 1842 | 1866 | 107 | |
Adler | 1906 | 1908 | 1930 | 240 | 1908 - 1931 |
Victoria 1 (Wilhelm) | 1890 | 1893 | 1913 | 262 | |
Victoria 2 | 1909 | 1911 | 1925 | 372 | 1890 - 1925 |
Victoria 3 | 1912 | 1913 | 1925 |
maximale Förderung Adler 328747 t 1912
durchschnittlich 200000 - 300000 t/a
maximale Förderung Victoria 208494 t 1920
durchschnittlich 100000 - 140000 t/a
Die Stollenzechen in Hattingen bauten überwiegend Kohleneisenstein ab, der hier und im Süden von Bochum in einigen
Flözpartien stark angereichert war. Weiter östlich gab es in Witten und Dortmund solche Bereiche. Die Kohleneisensteinanreicherungen
kommen im gesamten nordwesteuropäischen Kohlegürtel vor und wurden in England als Blackband bezeichnet. Dieser Begriff wurde
auch im Ruhrgebiet benutzt. Bei vielen der kleinen Stollenbetriebe sind kaum Betriebsdaten bekannt. Besser dokumentiert sind sie wie
bei Victoria, da sie quasi als Anhängsel des Kohleabbaus in den Geschäftsberichten erscheinen.
Die stehen in einem engen Zusammenhang mit dem Entstehen der ersten Hüttenbetriebe im Ruhrgebiet - hier
Henrichshütte und
Hermannshütte.
Die St. Antony-Hütte
in Oberhausen entstand auf Grund der Raseneisenerze in den sumpfigen Niederungen der Emscher und ihrer Zuflüsse.
Die Stollenbetriebe im Asbachtal lieferten Kohleneisenstein an die Phönix-Hütte in Kupferdreh wie viele weitere im Bereich Werden und Heisingen.
Einige Betriebe bauten nur Kohleneisenstein ab wie die Zeche Dilldorf. Die Mengen waren gering, da die Flöze nur wenige Dezimeter
Mächtigkeit erreichten.