Zeche Westende in Duisburg-Meiderich
1855 - 1968
Die Anfänge der Zeche sind beispielhaft für andere Gründungen in dieser Zeit. Da für die Anlage von Tiefbauschächten
viel Kapital benötigt wurde waren Geldgeber aus dem Ausland willkommen. Damals fand eine Art europäischer Globalisierung statt. Dabei wird
auch Spekulation eine Rolle gespielt haben. Bei Westende gab es einen Verdacht in diese Richtung. Die gehäuften Konkurse und
Verkäufe sind typisch für viele Zechengründungen zur Mitte des 19. Jahrhunderts.
Die erste Betreibergewerkschaft mit dem Namen Rhein und Ruhr wurde 1856 gegründet. Der Name der gleichnamigen Zeche geht wohl auf die Lage
in Duisburg-Ruhrort nahe der Mündung der Ruhr in den Rhein zurück. Die meisten Gewerken kamen aus Lüttich und Ruhrort, überwiegend Adlige und
Kaufleute. Ihre Investition zahlte sich nicht aus. Die Zeche wurde schon 1868 nach nur zehn Jahren stillgelegt und später als Schacht
Westende 3 weitergeführt.
Fast gleichzeitig wurde 1855 in Köln die Ruhrort-Mining Compagny als Kommanditgesellschaft gegründet. Sie teufte ich Duisburg-Meiderich
den Schacht Westende ab. Deren Name bezog sich auf die Lage der Zeche. Sie war damals die am weitesten westlich liegende im Ruhrgebiet. Hier kamen die
Geldgeber überwiegend aus London, Lüttich und Ruhrort. Einige davon waren schon im Bergbau engagiert. Nach nur fünf Jahren ging die Zeche in
Konkurs. Da fast alle Akten verschwunden waren kam es zu Vorwürfen an den Aufsichtsrat, dem Untätigkeit nachgesagt wurde. Seltsamerweise konnte das
Aufsichtsratmitglied Nicolas Wood die Zeche nach der Zwangsversteigerung problemlos erwerben.
Als nächste übernahm die Société anonyme des Charbonnages du Rhin beide Zechen ab 1870. Diesmal kam das Kapital der Aktiengesellschaft fast
ausschließlich aus Paris, woran auch Adlige und Bankiers beteiligt waren. Schon 1874 kam durch die einsetzende Rezession ein Verkauf an die
Société anonyme des Charbonnages rhénanes. Diesmal waren es Adlige aus Paris. Auch sie investierten nicht in den Ausbau der Zeche. Nach
deren Konkurs 1880 ging der Betrieb an die Société anonyme des Houiellères de Meiderich (Meidericher Steinkohlenbergwerke) über. Offenbar waren
hier wieder dem Adel nahestehende Investoren aus Paris tätig. Auch sie konnten keine Gewinne erwirtschaften und ab 1896 kam die Zeche zum Phönix,
der Aktiengesellschaft für Bergbau und Hüttenbetriebe in Laar. Diese wurde 1926 in die Vereinigten Stahlwerke eingebracht, die neben Krupp und
Hoesch zu den großen Montankonzernen gehörten.
Bei Schlagwetterexplosionen starben 1912 und 1917 jeweils fünf Bergleute, bei Gebirgsschlägen 1917 vier und im Januar 1921 bei zwei weiteren
drei bzw. sieben.
Die Schachtanlage Westende 1/2 hatte immer mit Schwierigkeiten zu kämpfen, besonders durch starke Wasserzuflüsse.
Das Abteufen von Schacht 1 begann 1855 und wurde ein Jahr später unterbrochen, da man in 15 m Teufe auf Fließsand stieß. Erst nach
dem Einbau eines Senkzylinders für eine Tübbingsäule ging das Teufen weiter, wobei weitere Wassereinbrüche auftraten. Nach dem
Erreichen des Karbons im Jahr 1858 hätte der Betrieb aufgenommen werden sollen. Durch interne Streitigkeiten (s.o.) kam es 1860 zum
Konkurs. Erst ab 1870 begann ein regelmäßiger Kohleabbau. Bauwürdig war nur ein Flöz (Mathilde) und da Investitionen ausblieben war
der Betrieb bis zum Erwerb durch den Phönix planlos. Danach fand eine betriebliche Zusammenfassung der bisher getrennten Betriebe statt.
Dazu kam eine Kokerei für die Koksversorgung des Hüttenwerks in Ruhrort.
Wegen des vorgeschriebenen zweiten Ausgangs wurde vom Schacht 1 aus ab 1884 eine Verbindungsstrecke zum Schacht 3 aufgefahren. Diese
musste 1888 wegen eines Wassereinbruchs aufgegeben werden. Als Ausweg blieb nur das Abteufen von Schacht 2. Das Abteufen begann 1889
im Senkschachtverfahren. Die Tübbingsäule hatte einen Durchmesser von 5,5 m. Sie blieb 1891 bei 40 m im Fließsand stecken. Es wurde
eine zweite Säule mit 5 m Durchmesser eingesetzt, die 1892 das Karbon erreichte. Gleichzeitig wurden vom Schacht 1 aus die nötigen
Strecken aufgefahren und nach der Inbetriebnahme als Wetterschacht die Tagesanlagen modernisiert. Nun entwickelte sich die Anlage gut
und warf Gewinne ab.
Problematisch war die Lage im Zentrum von Meiderich. Sie bedingte ab dem Jahr 1900 eine große Zahl von Sicherheitspfeilern, in denen
nur unter strengen Auflagen Kohleabbau erlaubt war. Die Bodensenkungen unter der dichten Bebauung und den vielen Industriebetrieben
machten den Abbau durch Bergschäden langfristig unrentabel. So wurde die Anlage 1/2 schon 1925 stillgelegt und 1928 abgebrochen. Heute
liegt hier ein Gewerbegebiet. Über beiden Schächten stehen Protegohauben.
Der Schacht 3 war ursprünglich unter dem Namen Jacobine der Gewerkschaft Ruhr & Rhein abgeteuft worden. Beim
Abteufen traten große Probleme durch Schwimmsand- und Wassereinbrüche auf. Ein 1857 begonnener Mauersenkschacht mit 8,50 m Durchmesser
blieb 1859 bei 20 m stecken. Nach dem Einbringen eines Tübbingsenkschachts mit einem Durchmesser von 5,65 m wurde der Schacht leer
gepumpt. Nun traten starke Sanddurchbrüche auf. Daher ruhten die Arbeiten bis 1861. Mit gusseisernen Pfählen wurde der Schacht stabilisiert
und beim Tieferteufen mit Tübbingen ausgebaut. Der Schachtdurchmesser sank auf 4,40 m. Nach einem weiteren Schwimmsandeinbruch im
Jahr 1862 hatte der neue Senkschacht dann einen Durchmesser von 3,75 m. Auch hier wurden Tübbings eingebaut. 1864 wurde das Karbon
erreicht und der Schacht rechteckig (3,75 x 4,10 m) weiter geteuft. 1866 konnte die Förderung aufgenommen werden. Da keine Gewinne
anfielen endete der Betrieb vorläufig im Jahr 1868. 1890 wurde der Betrieb endgültig eingestellt, da unter den Hafenanlagen und der
Stadt Ruhrort ein Abbauverbot wegen starker Bodensenkungen ausgesprochen wurde. Ab 1908 wurde der Schacht wieder in Betrieb genommen,
aber nur zur Bewetterung. Nach der Stilllegung im Jahr 1968 wurden alle Betriebsgebäude abgerissen. Die Fläche liegt nicht zugänglich
innerhalb eines Werkgeländes und ist teilweise überbaut worden.
Der Schacht 4 lag wie Schacht 3 innerhalb der Hüttenwerke Phönix. Daher bestanden wegen Sicherheitspfeiler unter
Werksanlagen, der Stadt Ruhrort und den Häfen starke Einschränkungen beim Abbau (ca. 50% der Berechtsame). Wegen der Gefahr von Überschwemmung
bei Rheinhochwasser war das Gelände aufgeschüttet und lag z.T. 10 m über dem Niveau der angrenzenden Straße. In der Bevölkerung war
der Name Port Arthur (russische Hafenfestung) verbreitet. Diese war kurz vor dem Abteufen des Schachts im Russisch-Japanischen Krieg
belagert worden. Nach den Erfahrungen beim Abteufen der anderen Schächte wendete man hier das Gefrierverfahren an und konnte den
Schacht problemlos abteufen. Die Bezeichnung Kampschacht geht auf den damaligen Generaldirektor des Phönix zurück. Hauptaufgabe sollte
die Versorgung der Zeche mit Material zum Bergeversatz sein. Dazu kam die Versorgung der Hütte in Duisburg-Laar mit Kohle ohne die
Frachtkosten beim Eisenbahntransport. Der Schacht lag eingezwängt zwischen Kokereien und Hüttenanlagen. Daher fehlten Anlagen zur Dampf-
und Stromerzeugung, die üblicherweise größere Zechenbauten erforderten. Diese Betriebsmittel kamen von den Hüttenanlagen. Die
Kokerei von Rheinstahl war mit einer Transportbrücke angeschlossen, die von Phönix mit einer kurzen Seilbahn.
Heute liegt die Betriebsfläche von Schacht 4 nicht zugänglich innerhalb der Werksanlagen von Krupp-Thyssen. Einige erhaltene Gebäude
werden weiter genutzt.
Hafenabsenkung
Gerade wegen der lange nicht abgebauten Sicherheitspfeiler gab es eine einmalige Besonderheit. Ab 1953 wurde planmäßig unter den
Ruhrorter Häfen Kohle abgebaut, da sich die Rheinsohle gesenkt hatte. Eine Vertiefung der Hafenanlagen wäre sehr teuer geworden und ab
einer bestimmten Tiefe wegen des seitlichen Drucks auf die Kaimauern kaum zu realisieren gewesen. Der gesamte Hafenbereich wurde bis
zu über zwei Meter abgesenkt. Die unterschiedlichen Senkungsbeträge ergaben sich durch einen Abbau, bei dem unterschiedlich stark mit Versatz
gearbeitet wurde bis hin zum Bruchbau. Abgebaut wurden die Flöze Sonnenschein (0,8 - 1 m), Präsident (1,1 - 1,3 m) und Girondelle (0,9 m).
Da die beiden ersten mächtiger waren als erwartet arbeitete man im Flöz Girondelle nicht mit dem vorgesehen Bruchbau sondern mit
Vollversatz.
Geplant war eine weitere Absenkung bis etwa 1979, die durch die Stilllegung nicht mehr eintrat.
Ab 1926 wurde der Schacht Rönsberghof von der Schachtanlage Friedrich Thyssen übernommen. Er war nach dem Abteufen
der Schachts Friedrich Thyssen 8 nicht mehr als Wetterschacht nötig. Zeitweilig war er auch Förderschacht und belieferte die beiden
angrenzenden Kokereien Phönix und Rheinstahl mit Kokskohle. Ab 1926 war er Wetterschacht für Westende. Der Schacht wurde 1964 aufgegeben,
die Kokereien noch bis 1969 betrieben. Auf einem Teil des Geländes begann 1974 eine Förderschule mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung mit dem
Unterricht. An der Revisionsöffnung des Schacht steht eine Grubenlokomotive. Daneben entstanden Sportanlagen.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Kokerei |
1 |
1855 |
1871 |
1925 |
343 |
1899-1915 |
2 |
1889 |
1894 |
1925 |
500 |
|
3 (Ruhr & Rhein) |
1857 |
1866 |
1968 |
241 |
|
4 (Kampschacht) |
1906 |
1909 |
1968 |
557 |
|
Rönsberghof |
|
ab 1926 |
1964 |
541 |
1931-1969 |
maximale Förderung 1.003320 t 1929
durchschnittlich 500000 - 800000 t/a
-
- Schacht Westende 1/2 1912
-
- Schacht Westende 1
-
- Schacht Westende 1
-
- Schacht Westende 1
-
- Schacht Westende 2
-
- Schacht Westende 2
-
- Schacht Westende 2
-
- Schacht Westende 3 um 1930
-
- Schacht Westende 3 um 1930
-
- Schacht Westende 3 im Jahr 2005 (zwischen Hochofen und Halle)
-
- Schacht Westende 3 im Jahr 2005
-
- Schacht Westende 4 um 1912
-
- Schacht Westende 4 im Jahr 1926
-
- Schacht Westende 4 aus der Luft im Jahr 1931
-
- Schacht Westende 4 im Jahr 1932 - deutlich höher gelegt
-
- Schacht Westende 4 im Jahr 1932
-
- Schacht Westende 4 im Jahr 1958
-
- Schacht Westende 4 im Jahr 1958
-
- Schacht Westende 4 Kompressorenhaus im Jahr 2010
-
- Schacht Westende 4 Zechentor im Jahr 2010