Zeche Walsum in Duisburg-Walsum
1926 - 2008
Die Zeche Walsum war eine der jüngsten Zechen im Ruhrgebiet. Das Grubenfeld war ursprünglich Teil des
riesigen Feldes von Deutscher Kaiser, das später geteilt wurde.
Vom Teufen des Vorschachts ("Baugrube") 1904 bis zum Beginn des Abteufens dauerte es 21 Jahre. 1926 wurde die Gewerkschaft Walsum
gegründet, benannt nach der Ortslage. 1930 konnte erstmal für den Eigenbedarf gefördert werden, 1936 begann die regelmäßige
Förderung. Nach der Beseitigung von Kriegsschäden wurde um 1950 die volle Förderkapazität erreicht. Bedingt durch die lange
Zeit bis zum vollen Ausbau der Zeche und dem sehr späten Start im Vergleich zu den Nachbarzechen gab es Schwierigkeiten ausreichend
Arbeitskräfte zu gewinnen. Nach dem Krieg setzte man auf ein starkes soziales Engagement wie Gesungheitsvorsorge, den Bau von drei
Lehrlingswohnheimen oder zehn Selbstbedienungsläden in den Zechensiedlungen. Die sehr gute Vergütung ("Erziehungsbeihilfe") So
wurden Anwerbekampagnen ein Erfolg. Es kamen Lehrlinge von weit her (u.a. aus Weiden in der Oberpfalz, Cochem oder Limburg).
Von den ersten angeworbenen Italienern kamen 1957 216 nach Walsum.
Bis zur Stilllegung lag die Förderung immer über 2 Mio. Jahrestonnen. Die Zeche hatte als einzige einen eigenen Hafen am Rhein.
1952 wurde das heute noch betriebene Kraftwerk gebaut, das den Absatz der anstehenden Gas- und Gasflammkohlen garantierte. Die
zum Verkoken geeignete Fettkohle steht erst in größerer Tiefe an. Daher wurde keine Kokerei gebaut. Bei einem Grubenbrand
starben 1941 sechs Bergleute, bei einem Unglück mit der Einschienenhängebahn 1969 drei. Ansonsten lief der Betrieb sicher ab.
Die Geologie der Lagerstätte
In den Jahre 1966/67 wurde ein Abbauversuch mit Auger Mining unternommen. Das Verfahren
stammt aus dem amerikanischen Kohletagebau. Damit wurden in den Steilkanten Flöze parallel abgebohrt und zusätzliche Mengen Kohle
gewonnen. Auf er Zeche Graf Bismarck hatte es ab 1964 erste Abbauversuche gegeben (wegen der Silllegung 1966 nicht fortgesetzt).
Die Ergebnisse auf Walsum waren mäßig. Die vorgehenen Bohrungen bis 50 m Länge wurden nur zu 13% erreicht. Gebirgsdruck
ließ die etwa 50 cm breiten Rippen zwischen den Bohrlöchern einbrechen und Abweichungenen von der Bohrrichtung waren die Gründe.
Probleme machten dazu die Methanausgasungen, da die Bohrlöcher nicht bewettert werden konnten. Etwas günstiger waren Ergebnisse
auf der Zeche Lohberg bis 1973. Dies galt nur für schon aufgefahrene Abbaustrecken. Weitere Versuche gab es nicht da sich
die Entwicklung zur schneidenden Gewinnung mit Walzenschrämladern und automatisiertem Schildausbau stark beschleunigte.
Das Grubenfeld wurde 1953 deutlich erweitert und reichte bis nördlich von Dinslaken und westlich unter dem Rhein bis nach Rheinberg.
1981 wurde noch ein nördlich anschließenes Feld angepachtet. Damit ergab sich das Problem von möglichem Rheinhochwasser durch
Absenkungen beim Abbau. Ein Sicherheitspfeiler unter dem Rhein kam nicht in Frage, da das Umland dann unter das Flussniveau
gesunken wäre. So wurden die Deiche kontinuierlich erhöht, obwohl mit Bergeversatz gearbeitet wurde. Diese Problematik bedingte
letzlich auch die vorgezogene Stilllegung. Der im Jahr 2000 vorgelegte Rahmenbetriebsplan sah den Betrieb bis 2019 vor. Eine
Bürgerinitiative klagte erfolglos gegen den Plan (Deichproblematik). Die Städte Dinslaken und Voerde thematisierten die
Gefährdung des Trinkwassers und hatten damit Erfolg.
Eine Kurosität sei hier noch vermerkt. Zu Beginn des Ruhrbergbaus waren viele Adlige engagiert. Bei Walsum war es bis zur
Eingliederung in die RAG erst Dr. Heinrich Baron Thyssen-Bornemisza und später sein Sohn Hans-Heinrich Eigner der zum Familienbesitz
gehörenden Zeche. Damit war der Adel quasi bis zum Ende des privaten Bergbaus im Ruhrgebiet immer dabei.
Das Abteufen der Schächte gestaltete sich schwierig. Die Vorarbeitung für das Gefrierverfahren wurden zwischen
1908 und 1911 mehrfach unterbrochen, da gleichzeitig auch die Zechen
Wehofen und
Lohberg abgeteuft wurden und Zweifel an der
Wirtschaftlichkeit aufkamen. Bei der für einen Verbund vorgesehenen Anlage
Wehofen traf dies auch zu. Nach dem 1. Weltkrieg begann
1919 das Bohren der Gefrierlöcher. Wegen der Ruhrbesetzung wurden die Arbeiten von 1923 bis 1926 unterbrochen. Ein Wassereinbruch 1929
verzögerte den Beginn der Förderung um ein Jahr. 1936 war die Anlage unter und über Tage förderbereit. 1939 wurde das Fördergerüst von
Schacht 1 endgültig fertig, das baugleiche von Schacht 2 erst 1955. Sie waren einige der wenigen in Stahlbeton ausgeführten im Ruhrgebiet
und jeweils 68 m hoch. Sie erhielten 1956 die Namen Franz (Lenze, Ingenieur mit dem Schwerpunkt Kokereigastechnik und führend beim
Aufbau des Thyssen-Ferngasnetez) und Wilhelm (Roelen, erster Werksdirektor der Zeche Walsum).
Durch die Zeche entwickelte sich das schon 1676 erwähnte Dorf Walsum zur späteren Stadt. Bei der Eingemeindung nach Duisburg 1975
hatte sie knapp 50000 Einwohner. Damit endete der Bergbau in Duisburg nicht schon Ende 1976 mit der Stilllegung von Friedrich Thyssen 2/5,
sondern erst 2008 mit den Ende von Walsum.
Heute ist der größte Teil der Zechengebäude abgerissen. Das Kraftwerk ist weiter in Betrieb und seit 2007 um einen Block erweitert.
Damit blieb auch der Hafen zum Umschlag der Importkohle und die Kohlenmischanlage weiter in Betrieb. Das Gerüst von Schacht 1 soll als
Denkmal erhalten bleiben, für die Fördermaschinenhäuser und das Lüftergebäude von 1943 ist dies fraglich. Das Gerüst von Schacht 2 wurde
auf 41,8 m verkürzt und zu einem der Hauptstandorte der Zentralen Wasserhaltung (Stichwort: Ewigkeitskosten) umgebaut. Ausführliche
Informationen zum Thema finden sich unter
Wasserhaltung.
Die Schachtanlage Wehofen, benannt nach der Gemarkung Wehoven sollte von Beginn an mit Walsum im Verbund betrieben
werden. Als Anlage Rhein I wurden ab 1910 die beiden Schächte abgeteuft. 1913 begann die Förderung. Diese lag bis 1920 bei 400000 t/a.
Mitte der 1920er Jahre erreichte sie 600000 bis 700000 t, maximal 720002 t im Jahr 1924. 1926 folgte die offizielle Umbenennung in Wehofen.
Die Bezeichnung war seit mindestens 1918 schon in Gebrauch. Durch Abbau in der nähe der Schachtsicherheitspfeiler traten bei beiden Schächten
jeweils sechs etwa in gleicher Teufe liegenden Schäden durch gebrochene Tübbinge auf. In den Schacht 2 wurde 1920/21 eine zusätzliche
Tübbingsäule eingezogen. Auch das Fördergerüst war beschädigt und wurde 1933 abgebrochen. 1928 wurde die eigenständige Förderung u.a. anderem
wegen unreiner Kohle eingestellt.
Bis 1976 war Wehofen Nebenanlage von Friedrich Thyssen 2/5 und wurde danach von Walsum übernommen. Die Schächte dienten nur
noch für die Wasserhaltung und Bewetterung. Als der Wetterschacht Rheinberg 1993 in Betrieb ging wurden sie verfüllt. Das Gerüst von
Schacht 1 wurde 1976 abgerissen und durch einen Befahrungshaspel ersetzt. Er war für die Wartung der Wasserhaltung zum Schutz der weiter
aktiven Zechen Walsum und Lohberg nötig. Vor der Einstellung im Jahr 2008 wurde unter Tage ein Wasserstrecke in das Feld von
Walsum aufgefahren. Danach verschwanden mit der Demontage des Haspels die letzten bergbautechnischen Anlagen. Heute sind einige Gebäude noch
von Gewerbebetrieben genutzt. Die Schächte liegen unzugänglich im Betriebsgelände eines Baustoffherstellers.
Ab 1928 befand sich auf Wehofen die Zentralwerkstatt für Thyssen Schacht 2/5 und Lohberg. Hier wurden vorrangig
die Ketten der stählernen Bandförderanlagen unter Tage instandgesetzt. Von den Zechenanlagen blieb nur das Schmiedegebäude erhalten,
das als städtisches Jugendheim genutzt wird. Bemerkenswert ist die architektonisch gelungene Zechensiedlung mit einem Schachtbrettmuster,
das vertikal auf die Hauptstraße zuläuft.
Die auf Wehofen aufgeschlossenen Flöze der Gaskohle gehören zu den obersten im Ruhrgebiet und treten sonst nur noch auf der Zeche
Baldur in Dorsten auf.
In den 1960er Jahren erreichten die Strecken unter Tage Längen von über 130 km. Selbst mit schnellen Transportmitteln
(Sessellift/Einschienenhängebahn, 1969 21 km Strecken oder Mannschaftsbus) dauerte die Anfahrt zu den Abbaupunkten immer länger und
die effektive Arbeitszeit und mit ihr die Produktivität sanken. Daher wurde dringend ein zusätzlicher Luft-/Seilfahrtschacht nötig.
Ein bei Eversael ab 1958 geplanter Schacht wurde nicht ausgeführt. Erst 1979 begannen Planungen für den Schacht Voerde. Er ging 1987
in Betrieb, auch für die Seilfahrt. Die Entfernung zur Schachtanlage Walsum 1/2 betrug acht Kilometer Luftlinie. Der Schacht wurde 1983 verfüllt
und die Betriebsgebäude im Jahr 2014 abgerissen. Die Betriebsfläche ist inzwischen renaturiert.
Der Abbau bewegte sich immer weiter in Richtung des Bergwerks Rheinland. Daher wurde mit diesem ein gemeinsamer
Schacht geplant. Der Schacht Rheinberg wurde von Rheinland abgeteuft und ab 1993 ganz von Walsum übernommen, da das Grubenfeld
(Binsheimer Feld) für das neue Verbundbergwerk Friedrich Heinrich/Rheinland zu ungünstig lag. Deshalb übernahm Walsum auch die
dazu gehörenden Schächte Rheinpreußen 8 (2004 verfüllt) und 9 (2001 verfüllt). Sie wurden überflüssig nach dem Abbau der Restvorräte
im Südfeld. Im Norden sollte bis 2019 weiter Kohle gewonnen werden, wozu es nicht mehr kam. Ein Teil des Abteufgerüsts blieb für die Befahrung
stehen. Es wurde erst 2017 zusammen mit den restlichen Betriebsgebäuden abgerissen. Auch hier wurde die Betriebsfläche renaturiert.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
1 (Franz) |
1928 |
1930 |
2008 |
913 |
2 (Wilhelm) |
1930 |
1936 |
2008 |
913 |
Voerde |
1981 |
1987 |
2008 |
1060 |
Rheinberg |
1988 |
1992 |
2008 |
1140 |
Wehofen 1 |
1910 |
1913 |
1928 |
994 |
Wehofen 2 |
1909 |
1914 |
1928 |
466 |
Rheinpreußen 8 |
ab 1994 |
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Rheinpreußen 9 |
ab 1994 |
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maximale Förderung 3.3888866 t 1982
durchschnittlich 2 - 3 Mio. t/a
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- Walsum 1/2 in der 1960er Jahren
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- Walsum 1/2 mit Kraftwerk und Kohlenhafen (rechts)
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- Walsum 1/2 im Jahr 2014
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- Schacht Franz im Jahr 2021
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- Schacht Franz im Jahr 2021
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- Schacht Wilhelm im Jahr 2021
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- Schacht Wilhelm im Jahr 2021
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- Schacht Voerde im Jahr 2012
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- Schacht Voerde im Jahr 2012
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- Schacht Voerde im Jahr 2016
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- Schacht Voerde im Jahr 2016
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- Schacht Voerde im Jahr 2020
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- Schacht Rheinberg im Jahr 2016
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- Schacht Rheinberg im Jahr 2017
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- Schacht Rheinberg im Jahr 2018
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- Wehofen 1/2 aus der Luft im Jahr 1922
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- Wehofen 1/2 im Jahr 1927
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- Wehofen 1/2 im Jahr 1935
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- Befahrungsgerüst am Schacht Wehofen 1/2
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- Schacht Wehofen 1 Lotungrohr im Jahr 2015
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- Schacht Wehofen 1 Lotungrohr im Jahr 2015
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- Kettenwerkstatt Wehofen
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- Kettenwerkstatt Wehofen
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- Kettenwerkstatt Wehofen
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- Kettenwerkstatt Wehofen
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- Alte Schmiede im Jahr 2015
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- Alte Schmiede im Jahr 2015
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- Alte Schmiede im Jahr 2015
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- Siedlung Wehofen
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- Siedlung Wehofen
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- Siedlung Wehofen
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- Siedlung Wehofen
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- Siedlung Wehofen
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- Zufahrt zum Gewerbegebiet Wehofen
Die langen Wege unter Tage zu den Abbaubetrieben führten am Niederrhrein schon ab den 1960er Jahren zu
neuen Transportmitteln. Die Anfahrt gehörte zur Arbeitszeit. Mit dem Aufkommen von Bandförderanlagen konnten die Bänder in
einigen Bereichen auch zur Fahrung genutzt werden. Dabei gab es Sicherheitsvorschriften und Lichtschranken für den automatischen
Stop beim Überfahren der freigegebenen Abschnitte.
Daneben gab es in steileren Bereichen und bei stark kurvigen Strecken Systeme wie die Schmalspurbahnen. Diese wurden
ursprünglich für Materialtransporte entwickelt, dienten später auch dem Personentransport. Am Niederrhein und im nördlichen
Ruhrgebiet wurden überwiegend Personenzüge eingesetzt. In den letzten Betriebsjahren gab es kaum noch neue Gleisanlagen. Es kamen nun
auch busartige Straßenfahrzeuge zum Einsatz.
Zu Personenbeförderung und Augermining folgen hier einige Fotos.
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- Fahren auf dem Förderband
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- Fahrung mit Sessellift
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- Personenzug
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- Reifenfahrzeug
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- Schienenbahn
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- Schienenbahn
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- Schienenbahn
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- Bohrgerät für das Augermining
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- Bohrgerät in der Strecke
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- Bohrlöcher in einem Tagebau in den USA
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