Zeche Wilhelmine Mevissen in Duisburg-Rheinhausen
1912 - 1973
Das Grubenfeld wurde schon 1855 verliehen, aber erst 1912 wurde mit dem Abteufen begonnen. Durch die Zechen
östlich des Rheins war dort die Geologie bekannt, westlich lagen keine sicheren Kenntnisse vor. Zudem war der Kapitalbedarf hoch,
da keinerlei nutzbare Infrastruktur wie Eisenbahnlinien vorhanden war. Selbst heute ist das Umfeld eher ländlich geprägt. Der Name
der Zeche geht auf den Präsident der Rheinischen Eisenbahngesellschaft zurück, dessen Schwester Wilhelmine die Hälfte der Anteile
besaß.
1967 wurde die stillgelegte Nachbarzeche Diergardt in Hochemmerich übernommen, die schon seit 1927 unter Tage mit Mevissen
durchschlägig war. Diese wurde nach dem ersten Besitzer des Grubenfelds Freiherr Friedrich Heinrich von Diergardt benannt.
Die nicht verkokungsfähige Förderung wurde überwiegend als Hausbrand abgesetzt, wobei etwa 25% über den Zechenhafen am Rhein nach
Frankreich und Holland verschifft wurde. Beide Anlagen lagen direkt nebeneinander - jeweils randlich zu ihren Grubenfeldern. Nur so
erklärt sich der früher getrennte Betrieb. Zusammen mit dem Hochofenwerk von Krupp waren die Zechen die großen Arbeitgeber der
ehemaligen Stadt Rheinhausen. Die Zechenanlagen prägten das Stadtbild nicht sehr stark, da sie relativ klein waren wegen der
fehlenden Kokereien. Die Zeche wurde ab 1957 Wilhelmine Mevissen/Rumeln genannnt und ab 1963 Mevissen/Rumeln. Als 1970
die Schächte von Diergardt abgeworfen waren hieß die Zeche nur noch Mevissen.
Die Stilllegung der Gesamtanlage hatte mehrere Gründe. Die Flöze waren im Gegensatz zu den nördlicher anschließenden Zechen stark
gestört und steiler gelagert. Die nur elf bauwürdigen Flöze waren dazu im Mittel nur 0,74 m mächtig, der Ruhrgebietsdurchschnitt
lag bei 1,24 m. Damit blieb die Mechanisierung beim Abbau deutlich niedriger. Dazu kam der Rückgang der Nachfrage beim Hausbrand.
Das einzige Kokskohlenflöz (Sonnenschein) am Schacht 3 wurde 1929/30 abgebaut.
Während der Betriebsphase kam es zu wenigen Unglücken. Auf Mevissen gab es 1964 einen Förderkorbabsturz mit vier Toten, auf
Diergardt 1928 einen Grubenbrand mit sieben Toten und 1951 einen Strebbruch mit drei Toten. Das sichtbarste Unglück ereignete sich
1951 als der Schacht Diergardt 1 bis 300 m Teufe brannte. Über dem Schacht stand eine riesige Rauchwolke. Während der fast sechs
Monate dauernden Reparatur wurde der Schacht 3 noch einmal für die Förderung reaktiviert. Ein Bergmann starb an einer Rauchvergiftung
und ebenso das letzte Grubenpferd der Zeche. Wäre der Brand nicht am Pfingstmontag (Feiertagsruhe) ausgebrochen hätte es
sicher viele Todesopfer gegeben.
Beim Abteufen der Schächte wurden sehr unterschiedliche Techniken benutzt, die zusammengenommen einen Überblick der Entwicklung
der Teuftechnik geben (s.u.).
Wilhelmine Mevissen
Das Zechengelände von Schacht 1/2 ist im Gewerbegebiet Mevissen aufgegangen. Alle Zechengebäude wurden nach der
Stilllegung abgerissen. Da nur eine Brikettfabrik bestand und diese schon 1927 stillgelegt wurde war die Anlage relativ klein.
Während der Weltwirtschaftskrise konnte die Zeche weiter fördern, aber auf Kosten der Belegschaft. 1932 wurden 60 und 1933 97
Feierschichten (zwei bis drei Monate Ausfall) verfahren. Das bedeutete einen katastrophalen Verdienstausfall für die Bergleute.
Immerhin behielten sie ihren Arbeitsplatz.
Beide Schächte wurden nach dem Gefrierverfahren abgeteuft. Dieses war zwei Jahre zuvor erstmalig auf der Anlage Friedrich Heinrich mit
Erfolg eingesetzt worden. Dabei wird ein Ring aus Bohrlöchern um den Schacht gelegt mit deren Hilfe das Wasser im lockeren Deckgebirge
gefroren wird. Danach kann konventionell gearbeitet werden. Wassereinbrüche ereigneten sich dabei nur sehr selten.
Von den ehemaligen Betriebsgebäuden ist Nichts erhalten. Hier betreibt heute eine Burgerkette eine Zentralbäckerei. Direkt daneben
liegen die ehemaligen Schächte (Revionsdeckel und Infotafel) in einem Bereich, der Parkplätze und eine Grünfläche umfasst. Im
öffentlich zugänglichen Bereich ist eine Seilscheibe mit einer Informationstafel zur Erinnerung an die Schachtanlage aufgestellt
worden.
Das Gelände von Schacht 3 in der Nähe des Bahnhofs Rumeln liegt heute brach und verwildert allmählich. Er
diente der Förderung, Seilfahrt und Bewetterung. Ab 1942 war er nur Wetterschacht. Das Fördermaschinenhaus wurde 1945 durch
einen Bombenabwurf zerstört und später schnell wieder aufgebaut. Ab 1950 wurde hier auch bis spätestens 1957 Kohle gefördert.
Es waren lange noch einige Reste der Erschließungstraßen zu finden und Zechengleise (Spurweite wie unter Tage)
am ehemaligen Schacht zu erkennen. Er ist am Revisionsdeckel und einem Rohrstutzen erkennbar.
Der Schacht wurde im Gefrierverfahren abgeteuft.
Der Schacht Kaldenhausen wurde als erster im Ruhrgebiet als Bohrung niedergebracht. Als reiner Wetterschacht
war das Betriebsgelände sehr klein. Dort standen nur ein Lüfter und ein kleiner Befahrungshaspel. Mit der heutigen Nutzung (Wohnen)
im ländlichen Umfeld ist er nicht mehr als ehemaliger Bergbaustandort zu erkennen.
Der Schacht wurde nach dem Saugbohrverfahren abgeteuft. Dabei wird im klaren Wasser gebohrt und das Bohrgut durch das Bohrgestänge
abgesaugt. Um die Bohrlochwände vor dem Einbrechen zu schützen wird der Wasserspiegel drei bis vier Meter über dem Grundwasserspiegel
gehalten. Der so erzeugte hydrostatische Überdruck reicht dazu aus. Das Verfahren wurde vorher oft im Braunkohlentagebau angewendet
für die nötigen Brunnengalerien zum Schutz der Böschungen. Der Durchmesser der Bohrung betrug 2,35 m. In das Loch wurden 17
zylindrische Schachtschüsse eingeschwommen mit jeweils 12 m Länge und 1,60 m Durchmesser. Der Hohlraum dazwischen wurde zementiert.
Nötig wurde der Schacht, da sich der Abbau nach dem 2. Weltkrieg in das südliche Grubenfeld verlagerte. Ein Ausbau des Schacht Rumeln
wäre sehr teuer geworden und die Wetterwege unter Tage hätten sehr starke Ventilatoren erfordert. So war das Abteufen eines neuen
Schachts günstiger, vor allem wegen der angewendeten Abteufeuftechnik.
Diergardt
Der Schacht Diergardt 1 wurde auch als Carl Theodor bezeichnet (nach Carl Theodor Deichmann, Vorsitzender des
Grubenvorstands). 1951 brannte der Schacht am 14.5. bis in 300 Teufe. Erst am 11.10. konnte er wieder befahren werden. Nach der
Übernahme durch die Zeche
Mevissen wurde die Brikettfabrik bis zur Gesamtstilllegung weiter betrieben. Heute wird das Gelände
gewerblich genutzt. Der Schacht ist am Deckel der Revisionsöffnung erkennbar und mit einem Parkplatz überbaut. Daneben sind einige
Zechengbäude erhalten und gewerblich genutzt.
Ein Modell von Schacht 1 kann in der
Bergbausammlung in
Rheinhausen ansehen.
Der Schacht wurde im Senkschachtverfahren abgeteuft. Dabei steht die stählerne Schachtsäule auf einem spitzen ringförmigen Senkschuh,
der mit starken Hydraulikpressen durch das Deckgebirge getrieben wird. Dieses Verfahren ist nur bis zu einer Teufe von etwa 80 m
und bei lockerem Deckgebirge sinnvoll. Hier waren es 61 m.
Der Schacht Diergardt 2 lag in Hochemmerich etwa 1,2 km nördlich von Schacht 1. Von hier erfolgte 1914 der Durchschlag
unter dem Rheinum Schacht Diergardt 3 in 115 m Tiefe. Dies war das erste mal, dass eine Verbindung unter dem Rhein hergestellt wurde.
1953 folgte ein weiterer Durchschlag mit Schacht 3 in 500 m Tiefe. Am Schacht befand sich das Berglehrlingsheim der Zeche. Der Schacht ist
in die Grünfläche eines Parks, der zum angrenzenden Businesspark Niederrhein gehört einbezogen worden und unter einer kleinen begrünten
Aufschüttung verschwunden. Dort ist er am Deckel der Revisionsöffnung zu erkennen.
Der Durchschlag unter dem Rhein wurde bei der Besetzung des Ruhrgebiets nach dem 1. Weltkrieg zum Schmuggel genutzt, der erst mit
der Einrichtung von Posten unter Tage durch das belgische Militär endete.
Das Gelände wurde mit Wohnhäusern überbaut. Im Grünbereich zwischen den Häusern markiert der Deckel der Revisionöffnung den Schacht.
Die beiden etwas südlicher gelegenen Schächte Java 1 und 2 habe keine Spuren hinterlassen.
Durch den Verbindungsquerschlag wurden nach dem 2. Weltkriegs Lohngelder für die hier Arbeitenden gebracht solange die Rheinbrücken
zerstört waren. Kurz vor Kriegsende flüchtete eine nicht genau bekannte Zahl von Soldaten der Wehrmacht durch den Querschlag vor
der Gefangenschaft. Sie zerstörten die Anlage um die Nutzung der Querschlags durch die Alliierten zu verhindern, nur wenige Wochen
vor dem Kriegsende. Der Wiederaufbau gelang ähnlich schnell wie beim Schacht Rumeln.
Abgeteuft wurde hier nach dem Schlagbohr-Spülverfahre von Stockfisch. Gebohrt wurde unter Wasser, das mit Schwerspat und Ton so stark
verdichtet warr, dass seitliche Zuflüsse oder Fließsandeinbrüche verhindert wurden. Nach dem Durchteufen der instabilen Zone wurden
Tübbinge eingeschwommen und montiert. Der Raum zwischen Schachtrand und Gebirge wurde mit Zementmilch verpresst, die nach dem
Abtrocknen eine wasserfeste Dichtung ergab. Angewendet wurde das Verfahren nur bei geringem Schachtdurchmesser, hier etwa drei
Meter.
Der Schacht 3 wurde ursprünglich als Schacht Java von der Eisenhütte Vulcan abgeteuft. Begonnen wurde 1859,
nachdem ein erster Schacht bei 37,3 m im Schwimmsand stecken blieb. Bei 40,8 m blieb der neue Schacht ebenfalls stecken und wurde
1860 aufgegeben. Bis 1872 gab es noch Pläne einer Wiederaufnahme des Teufbebriebs.
Ab 1912 wurde mit neu entwickelter Technik, dem Caisson-Verfahren der Schacht Diergardt 3 geteuft. Die Arbeiten mit Überdruck von bis zu drei bar
wurden unter Wasser ausgeführt, ähnlich wie bei einer Taucherglocke. Dabei konnte auf der Schachtsohle konventionell gearbeitet werden.
Wasser und Fließsand werden vom Überdruck zurück gehalten. Der Schacht ging 1914 in Betrieb. Er wurde nach dem stellvertretenden
Vorsitzenden des Grubenvorstands in Franz Ott umbenannt. Bis 1939 bestand eine eigene Aufbereitung. Sie lag über eine Seilbahn
angebunden am Duisburger Parallelhafen. Danach wurde die Förderung im Schacht Diergardt 1 gehoben. Der Schacht 3 wurde 1963 aufgegeben
und später verfüllt.
Übersicht Schachtdaten
Schacht |
Teufbeginn |
Inbetriebnahme |
Stilllegung |
max. Teufe (m) |
Brikettfabrik |
Mevissen 1 |
1912 |
1914 |
1973 |
722 |
1914 - 1927 |
Mevissen 2 |
1912 |
1914 |
1973 |
500 |
|
Rumeln |
1937 |
1939 |
1973 |
515 |
|
Kaldenhausen |
1959 |
1960 |
1973 |
270 |
|
Diergardt 1 |
1910 |
1912 |
1968 |
500 |
1925 - 1973 |
Diergardt 2 |
1910 |
1912 |
1968 |
270 |
|
Diergardt 3 |
1912 |
1914 |
1963 |
590 |
|
maximale Förderung 855110 t 1937
durchschnittlich 400000 - 700000 t/a
Nach dem Verbund beider Anlagen lag die Förderung bei 700000 - 900000 t/a
mit dem Maximum von 959937 t 1970.
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- Mevissen Schacht 1/2 im Jahr 1935
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- Mevissen Schacht 1/2 im Jahr 1962
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- Mevissen Schacht 1 im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht 1/2 im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht 1/2 im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht Rumeln im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht Rumeln im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht Rumeln im Jahr 2015
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen Schnitt
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- Einschwimmen des Ausbaus und fertiger Schacht
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen Zufahrt
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen Zufahrt
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen im Jahr 2022
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen im Jahr 2022
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- Mevissen Schacht Kaldenhausen im Jahr 2022
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- Diergardt Schacht 1 in den 1920er Jahren
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- Diergardt Schacht 1 im Jahr 1935
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- Diergardt Schacht 1 in den 1950er Jahren
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- Diergardt Schacht 1 in den 1950er Jahren
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- Diergardt Schacht 1 in den 1950er Jahren
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- Diergardt Schacht 1 in den 1960er Jahren
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- Diergardt Schacht 1 im Jahr 1962
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- Diergardt Schacht 1 im Jahr 2015
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- Diergardt Schacht 1 im Jahr 2015
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- Diergardt Schacht 1 im Jahr 2024
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- Diergardt Schacht 1 beim Brand im Jahr 1951
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- Diergardt Schacht 1 beim Löschen Jahr 1951
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- Diergardt Schacht 2 im Jahr 1935
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- Diergardt Schacht 2 im Park
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- Diergardt Schacht 2
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- Diergardt Schacht 2
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- Diergardt Schacht 2 Revisionsdeckel
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- Diergardt Schacht 3 - Senkschachtröhre im Jahr 1913
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- Diergardt Schacht 3 - Senkschacht im Profil
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- Diergardt Schacht 3 im Jahr 1935
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- Diergardt Aufbereitung am Parallelhafen Jahr 1935
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- Diergardt Schacht 3 in den 1960er Jahren
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- Diergardt Schacht 3 Abriss
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- Diergardt Schacht 3 Revionsdeckel
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- Diergardt Schacht 3 umgeben von Wohnhäusern
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- Hafen Essenberg im Jahr 1935
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- Streb in einem geringmächtigen Flöz
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- Streb in einem geringmächtigen Flöz
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